Gotthilf
Heinrich v. Schubert, Der Erwerb aus einem vergangenen und
die Erwartungen von einem zukünftigen Leben. Eine Selbstbiographie, 3 Bde.
(Erlangen: Palm und Enke 1854-56), Bd. 2, 1. Abt. (1855), 221f.
Freundeskreis um Kleist
Für Mittheilungen solcher Art, aus Freundeshand, waren schon im Winter die Abendstunden
bestimmt. Denn da machten, abwechselnd mit uns Anderen, namentlich der muntere jüngere
Hartmann und selbst der ernste, zuweilen fast finster erscheinende Dr. Burkhardt,
die Vorleser von Shakespeares, Calderons, Göthes, Lessings,
Schillers u. A. Werken. Burkhardt, welcher seit jenem Tage, an dem wir ihn nach
B. I S. 167 in Altenburg sahen, zugleich mit unserer treuen Freundin Winkler
nach Dresden gezogen war, hatte bei dem Verwandten dieser Freundin, dem wackeren
Buchhändler Arnold, eine literarische Beschäftigung gefunden und versorgte unseren
kleinen Lesekreis mit den neuesten Erscheinungen der lehrreichen wie erheiternden
Literatur. Unter diese gehörten auch einzelne patriotische Gedichte und dramatische Werke
des Heinrich von Kleist. Dieser merkwürdige Geist, mit
naturkräftigen, zugleich aber <222:> wie von einem schmerzhaften, inneren Weh
gebundenen Schwingen, war, wenn ich nicht irre, damals soeben aus der Gefangenschaft, in
welcher ihn die französischen Gewalthaber in Berlin gehalten hatten, frei geworden, und
seiner alten Neigung zu diesem friedlichen Ruheorte folgend, nach Dresden gezogen. Hier
war er in einen geselligen Kreis getreten, in welchem ein Gemüth wie das seine gar bald
sich neu gestärkt und freudig fühlen mußte. Der geistreiche Rühle von Lilienstern
in seiner frischen, jugendlichen Kraft und Lebendigkeit; der gemüthvolle, heitere von
Pfuel, der sich gleich bei der ersten Bekanntschaft das Zutrauen Aller, die es mit dem
Rechten und Guten recht gut meinten, erwarb; Adam Müller, der Mann von feinem
Sinne und Verstande, welcher durch seine seltene Gewandtheit und Beweglichkeit sehr zu
einer bedeutenden Wirkung auf die Bewegungen seiner Zeit geeignet war, diese drei bildeten
den Mittelpunkt jenes Kreises. Auch mir that sich derselbe auf und ich besuchte denselben
öfter, gab auch einige kleine Arbeiten in die Zeitschrift Phöbus, welche
damals Kleist und Adam Müller gemeinsam redigirten.
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