Ernst v. Schönfeldt
(Hrsg.), Aus bewegter Zeit. Tagebuchblätter und
Briefe aus der Zeit der polnischen Unruhen 1793 und 1794, in: Zeitschrift der Historischen
Gesellschaft für die Provinz Posen 19 (1904), 245-297; darin: 254f.
Wilhelm v. Pannwitz, Tagebucheintragung, 9. 2. 1793
Crossenoer\1\ Holländereyen,
den 9. Gestern Abend erhielt ich die traurige Nachricht vom Ableben der ewig teuren
Tante\2\. Grosser Gott, das kam unerwartet. Wir
verlieren unendlich durch ihr, denn nun sind alle die schönen Verhältnisse, in denen ich
durch ihr in Frankfurt stand, weg, da Tante Massow\3\
jetzt vermuthlich nicht in Frankfurt bleiben wird. Die vorige Nacht suchte ich mich noch
immer zu täuschen, dass es ein Irrthum wäre, allein leider erfahre ich heute die
traurige Gewissheit. Ich mag nicht mehr nach Frankfurt, denn ich werde dort jetzt traurig
leben; <255:> wenn wir doch ewig marschierten! Ich verdanke der Verstorbenen
unendlich viel, und Leopolden, wenn er zum Regiment kommt, will ich es gewiss nach
Kräften vergelten, was ich ihr nie verdanken konnte.
Wir sind heute bei sehr
schlechtem Wetter 2 Meilen marschiert und stehen so gut, als wir noch nicht in Pohlen
gestanden haben. Die Einwohner sprechen alle deutsch und sind reinlicher, als wie es hier
sonst Gebrauch ist. Da unsere Grenadiers nur eine viertel Meile von hier in Moszino\1\ stehen, so haben der Kapitän Felden, Langen und
ich sie auf eine Stunde besucht. Sie sind heute nicht marschiert, da sie 2 Meilen
vorgestanden haben, und marschieren erst morgen aus.
\1\ Krossno-Hauland, Kreis Schrimm.
\2\ Juliane Ulrike v. Kleist, geb.
v. Pannwitz, Mutter des Dichters Hein. v. Kleist.
\3\ Des Vaters Schwester Auguste Helene war an
Ewald v. Massow verheiratet.
\1\ Moschin, Stadt, Kreis Schrimm.
|