Ingeborg
Schnack (Hrsg.), Der Briefwechsel zwischen Friedrich Carl von
Savigny und Stephan August Winkelmann (1800-1804) mit Dokumenten und Briefen aus dem
Freundeskreis (Marburg: Elwert 1984), 174f.
Stephan August Winkelmann an Friedrich Karl v. Savigny, Braunschweig, nach
19. 7. 1803
Herrn Professor von Savigny
Marburg.
Mein bester Savigny,
Ich erhalte eben deinen Brief und habe nur zu wenigen Worten bis zum Schlusse des
Posthauses Zeit.
Daß du meinen Entschluß
nicht mißbilligst, macht ihn mir werth. Schreibe du selber Claudinen. Meinst du denn, sie
könne ihr Leben behalten, in der Nähe von Georgs Umarmungen und Kindern? O Savigny,
weißt du keinen andern Ort, wohin sie gehen könnte? O lieber Friedrich, schüzze,
tröste und rette diese reine gute Seele. Hast du ihr geschrieben oder willst du es? Ob
ich ihr schreibe? natürlich in keiner Beziehung, allgemeine freundliche Worte, die sie an
die Freude erinnern, welche ihr meine Anhänglichkeit zu geben schien.
Du weißt, daß ich Ritters
Liebe schon lange nicht mehr suche er ist ein Thor, aber schlecht gewiß
nicht die Liederlichkeit zerstöhrt seine Genialität. Er lebe wohl und
heiter, sagten Wrangel und die andern. Von Wrangel ein Brief. <175:>
Schreibe Gunda doch in diesen
Tagen. Die Tage kommen wieder, in welchen ich sie gesehen, dieses fühle ich meiner
Unruhe. Und doch habe ich ihr, die mir werth ist, wie ich niemals sagen kann, einen
harten, stürmischen, wilden Brief schreiben müssen.
Ich bin hier angesezt als
Professor der Physiologie mit 300 Thalern jährlich, mit grosser Freudigkeit zu dem
Geschäfte, mit glücklichen Aussichten. Die Freude meiner Großmutter, meiner lange
gebeugten Mutter, meines Onkels und der Tante giebt mir die heitersten Augenblicke, die
ich bis jezt erlebte.
Dich muß es auch freuen, ich
will dir alles zunächst detaillieren. Grüsse Kreuzer und Bang und Conradi, und sag ihnen
meine Zufriedenheit.
Dein August.
[Am Kopfe der ersten Briefseite über der
Anrede:]
Du mußt den Titan lesen: den Schoppe könnte Shakspear geschrieben haben. Und
hast du die Familie Schroffenstein? Und wer ist der Verfasser: er wird der Dichter unserer
Zeit.
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