Wilhelm
Schellberg, Friedrich Fuchs (Hrsg.), Das unsterbliche Leben. Unbekannte Briefe
von Clemens Brentano (Jena: Diederichs 1939), 413f.
Clemens Brentano an Friedrich Karl v. Savigny, Berlin, 26. 9. 1809
Ich bin in einiger Unruhe, Lieber, weil ich keine Antwort auf einen Brief von Halle [vom
20. 8.] an Dich erhielt, in dem ich Dir alle meine Reisenotizen und Schillers
[= Schill] Portrait geschickt; sollte er verloren sein? [Wilhelm] Grimm ist mit hier
und schreibt, daß ihm die Finger stumpf werden, an tausend Bücher ab. Hier hängen
bereits 4 Portraits von dem Hofer, der in badischen Diensten das Studienwesen in
Heidelberg dirigiert hat [= Andreas Hofer]. Vielleicht gehe ich den Winter nach
Hamburg zu Runge [dem Maler], vielleicht bleibe ich hier, wirds Friede, kehre ich über
Bukowan nach Landshut. Weißt Du nichts von Christian? Hier ist es still in allen
Nachrichten. Niemand hat hier den Erz Herz Kerl Perl Querl [= Erzherzog Karl] lieb
und schiebt ihm alles in die Schuh. Seckendorff ist bei Ebersberg
geblieben, der von Kleist, der mit Adam Müller den Phöbus" edierte, ist zu
Prag im Spital gestorben, ein moderner Poet Varnhagen bei Wagram schwer verwundet.
Bartholdy ist bei der Retirade gleich in Wien zurückgeblieben und jetzt bei der
preußischen Gesandtschaft. Göthes Meisters Wanderjahre, Cottascher Almanach 1810,
herrlich herrlich! dann ein Roman, 2 Bände, Wahlverwandtschaften, die Wanderjahre
sollen 4 Bände werden, ein Gedicht von ihm auf die Jun[g]fer Sebus, die im
Clevischen Wasser Menschen rettete, in einer Theaterzeitung [Archiv für Theater und
Literatur, Hamburg 1809, Nr. 2], im Glatzischen Bilderbuch bei Frommann [Jakob Glatz,
Naturhistorisches Bilder- und Lesebuch, 2. Ausg. 1808] die Erklärung der Mineralien
poetisch. Arnim [hat] bereits ein[en] großen Zeitroman und den Prediger Tanner in 12
4° Bänden schier fertig [Geschichte des Prediger Tanner und was er in der
Frauenschule gelernt, Manuskript im Frankfurter Freien Deutschen Hochstift]. Schicke mir
meine in einer Commode liegende Chenille eingepackt auf Postwagen an Steffens in
<Halle>. Grüß Röschlaub und Sailer und Tiedemann und Deinige.
Cl.
Ich habe Deinen Brief. Franz
schreibt mir einen närrischen Brief von Wien, in welchem er mir allein meldet, ich hätte
nun kein Geld <414:> mehr von [Frankfurt] zu beziehen und müßte mir es von Bukowan
schicken lassen. Das wäre toll. Schreibe mir doch, was ich zu tun habe. [Verleger] Zimmer
fragt nach Deinen Werken. Hier gibt es unzählige Flug- und Volkschriften von S[chill] und
Oe[ls]. Du weißt wohl nicht, daß die Fräulein Stein aus Kassel bucklicht und ein altes
Geschöpf in die 40 ist und ihre Liebe mit Dörnberg bloß eine Zeitungsfarce. Hier gibt
es so viele zierliche wohlfeile Gefäße und Tassen, daß ich wünschte <zu wissen>,
was Gundel lieb wäre. Auch wünschte ich Röschlaub eine Dose mit Schillers Portrait zu
schicken, wenn ich [beschädigt]
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