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 Friedrich v. Raumer, Lebenserinnerungen und Briefwechsel. 2 Bde. (Leipzig:
        Brockhaus 1861), Bd. 1, 243-245 
         
        Friedrich v. Raumer an Karl August v. Hardenberg, 15. 12. 1811
          
           
          
           - Den 15. December 1811.
 
          
          - Ew. Excellenz erlaube ich mir gehorsamst zwei Schreiben zu übersenden,
            die in der Meinung an mich gerichtet sind, daß ich noch in Ihrer Nähe arbeite. Ich nehme
            die Gelegenheit wahr, eines Gerüchts zu erwähnen, als sei ich Verfasser der Neuen
            Jakobiner. Ew. Excellenz kennen zu gut nicht meinen Styl, aber doch meine
            Schreibart, und daß ich in so schlechter Form, schlechte Gründe nicht vortragen
            würde  aber mir Abgeneigte werden selbst beim Widersprechen jenes Gerüchts
            doch vielleicht Gelegenheit nehmen, mich zu verleumden.
 
             Ew.
            Excellenz wissen, daß ich ungefragt nie meine Meinung aufgedrungen habe; aber freilich
            eine Meinung, eine Ansicht habe ich, und diese habe ich meinen Freunden nie <244:>
            verhehlt, das bin ich mir und ihnen schuldig; aber in größern Gesellschaften oder gar
            zum Publikum habe ich nie darüber gesprochen, mein Gewissen ist darin rein. 
             Es ist
            ferner wahr, daß ich mich bei dem redlichsten Bemühen nicht von der unbedingten
            Angemessenheit mancher ergriffenen Maßregel überzeugen kann; aber Ew. Excellenz wollen
            nicht einen Glauben und nebenbei Intoleranz für jeden andern, ders doch
            ehrlich meint. Niemand ist über Kräfte und Einsichten hinaus verantwortlich. 
             Ew.
            Excellenz werden sich endlich erinnern, daß meine Bitte, in einen literarischen
            Wirkungskreis einzutreten, älter ist als die neuesten Gesetze, daß ich von dem Inhalte
            dieser nicht eine Sylbe wußte, als ich jene Bitte that. 
             Ich
            glaubte diese Worte schreiben zu müssen; denn ob einer Brot und der andere Land besteuern
            will u. dgl. greift den innern Menschen nicht an, wohl aber Insinuationen, welche
            unbemerkt dahin führen würden, die innere Verderbtheit meines Gemüths zu erweisen. 
             Meine
            Dankbarkeit für unverdiente Güte, meine Verehrung des edelsten, wahrhaft ritterlichen
            Charakters Ew. Excellenz, meine innige Überzeugung von Ihren reinsten edelsten
            Absichten, von der Aufopferung ruhigern genußreichen Daseins um des Staats willen, ohne
            alle äußeren geringeren Triebfedern, von einer rastlosen Arbeitsamkeit:  das
            alles lebt unwandelbar in meiner Überzeugung, und Abstimmungen meines unbedeutenden Ichs
            über dies und jenes, welche Ew. Excellenz früher stets mit Gnade aufnahmen, waren
            nie von der Art, noch werden sie je so sein, daß ich sie nicht vor Ew. Excellenz,
            vor Gott und meinem Gewissen als rein und aufrichtig gemeint, vertreten und öffentlich
            zur Prüfung darlegen könnte. 
             Verzeihen
            Ew. Excellenz diese Herzensergießung, sie kam aus guter Gesinnung, und ich habe
            Erfahrungen gemacht, daß man diese zweifelhaft darstellt. <245:> 
             Gott
            möge Ew. Excellenz Bemühen segnen, alles zum Guten lenken und wo ich zweifle, mich des
            Irrthums strafen. 
             
            
           
         
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