Georg Minde-Pouet, Kleists letzte Stunden. Teil 1: Das Akten-Material
(Berlin: Weidmann 1925), 62
Henriette Vogel an Amöne Schultze, Stimmings bei Potsdam, 21. 11. 1811
Meine vortreffliche Amöne!
Recht viel möchte ich dir schreiben, wenn dadurch dein Schmerz über meinen Verlust, den
ich so stolz und betrübt bin, voraus zusehen, gehoben werden könnte. Da dies aber nicht
der Fall sein würde, so viel ich dir auch schreiben mögte und die Zeit mich drängt, so
sage ich dir nur so viel, daß mein Tod, mir ganz allein zuzuschreiben ist. Gern
hätte ich dich noch einmal gesehen, aber es war mir wirklich zu schmerzhaft. Leb
denn glücklich mein liebstes Wesen Kleist erinnert sich deiner mit
vieler Theilnahme. Grüß Aeltern und Geschwister von mir vielfältig. Könnt ich Euch
alle, die ich auf Erden lieb habe, mitnehmen, so wäre ich überselig. Nun
vielleicht sehe ich dich, geliebtes Herz bald wieder. Adieu, adieu!
- Deine
- Adolphine
an meinem Sterbetage
|