Heinrich Meisner (Hrsg .),
Briefe von Friedrich de la Motte Fouqué an Adolph Wagner, in: Mittheilungen aus dem
Literaturarchive in Berlin 2 (1898-1900), 95-98 <82
Zeilen>, hier: 96f. <Z. 27-47>.
Fouqué an Adolph Wagner, Nennhausen, 15. 4. 1812 Ihr
Aufsatz über Mysticimus und Schwärmerei hat Neumann und mir
große Freude gemacht und wir danken Ihnen auf das lebhafteste dafür. Sie würden ihn
gleich im ersten Hefte unsrer Zeitschrift finden, wenn der Druck desselben nicht schon so
weit vorgerückt wäre. Wir beobachten darin eine bestimmte Ordnung: den Anfang machen
wissenschaftliche Aufsätze im weitesten Sinne des Wortes, dann folgen Erzählungen,
Gedichte, Kritiken und Correspondenznachrichten. Die Reihe war schon zu weit in die
leichteren Beiträge hinein, als Ihre ernsten, tief aus dem innersten Leben herausgeholten
Worte ankamen. Das zweite Heft aber soll sich gewiß damit schmücken. Wie hätt'
ich die herrlichen Worte über Kleist auslassen
sollen! Sie mögen überdem um so passender in einer von mir redigierten
Zeitschrift stehen, da das Morgenblatt meine Aufforderung wegen des darin abgedruckten
Schmähangriff auf den edlen Todten nicht bekannt machen zu wollen scheint, und es mir
unnöthig vorkommt, darauf zu dringen, denn der Gegner zieht sich bereits, vor einer Erklärung A. G. Eberhards in Halle, mit
trotziger Scheu zurück, auf eine ebenso gemeine Weise, als er den Anfall begonnen hatte.
Hs
.: Verbleib nicht bekannt
Ihr Aufsatz Über Mystizismus und Schwärmerei]
in: Die Musen. Eine norddeutsche Zeitschrift. Hrsg. von Friedrich de la Motte Fouqué und
Wilhelm Neumann (Berlin, in der Salfeldischen Buchhandlung, 1812), 25-37.
über Kleist] In Wagners Aufsatz (31f.) heißt es:
Auch den echten Genius des edlen Unglücklichen, Heinrich Kleist, als er im
Käthchen von Heilbronn die unergründlliche Tiefe der Liebe, des Gehorsams und der Treue
in kecker, tiefer, freudeglühender Dichtung darstellte, nannten sie einen unsinnigen
Schwärmer, über Falk, der ihn würdigte, sprachen sie schamlos das Anathem aus, ja als
der biedere Kleist in Verwirrung seiner Kraft ihr eignes Opfer ward, da sandten sie ihm,
und der Mitgenossin seines Unglücks einer Frau die Männer! empörende
Flüche, und rohe frevliche Sarkasmen in die Erde nach, als ob nicht auch die irrende
Kraft weit heiliger wäre, als ein schwächlicher Irrthum! Einsender kennt die Umstände
jener Tat zu wenig (so wenig als wahrscheinlich auch jene selbst) ist auch zu altgläubig,
um Willkür hierin, wie irgendwo, zu vertreten, oder zu rechtfertigen; aber immer war
Kleist ein edles Gefäß deutschen Sinnes und Jammer und Schade war es, daß er so
übermüthig es zerschlug. Darum sollen aber die Hunde unter dem Tisch nicht bellen. Doch
noch sind sie nie anders mit Geistern, wie Ritter, Friedrich und den genannten, verfahren,
gegen welche es eben keine Waffe giebt, als Liebe, wie der Dichter sagt.
Erklärung] Eberhard hatte im 1. Band seiner
Zeitschrift Salina auf Weissers anonymen Artikel im Morgenblatt
mit einer Appellation an die Ankläger und Richter Heinrichs von Kleist
(229-240) reagiert. Daraufhin erschien im Morgenblatt Nr. 47 und 48 vom 24.
und 25.2. ein neuer anonymer Beitrag Über die Appellation an die Ankläger und
Richter Heinrichs von Kleist, den Eberhard im April im 2. Band der
Salina mit einem Nachtrag (104-116) beantwortete. Eine darin
enthaltene Nachschrift enthält einen Bericht über Kleists Abschied von der
Armee, der wahrscheinlich auf Mitteilungen Fouqués beruht (115f.): So eben erhalte
ich von einem wie man mir aufs Wort glauben kann unverdächtigen Zeugen
noch einige Notizen über Heinrich v. Kleist, die sich auf eine frühere
Bekanntschaft mit ihm gründen, als er noch bei dem Regiment Garde (in Potsdam) stand, und
die hier wohl eine Stelle verdienen. Mein Zeuge sagt von ihm, er sei, bei einem sehr wenig
empfehlenden Äußern, doch sehr beliebt unter seinen Kameraden und in allen
Gesellschaften gewesen; er wird als ein guter, sehr sittlicher Mensch, von viel Geist und
Bildung, aber auch mit vielem Hang zur Schwärmerei, geschildert; und als sein größter
Fehler wird eine überaus große Empfindlichkeit und Reitzbarkeitgenannt. Deshalb soll er
sich auch mit dem General von R** nicht vertragen, und, nach einem Streit über den Anzug,
seinen Abschied genommen haben, schon vor dem unglücklichen preußischen Kriege
(ungeachtet er, soviel ich weiß, ohne Vermögen war).
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