Paul Hoffmann (Hrsg.), Heinrich
von Kleist, Der zerbrochene Krug. Eine Nachbildung der Handschrift, Nachwort (Weimar:
Gesellschaft der Bibliophilen 1941), 45
Robert Guiskard
Er hatte auf einer Insel der Aar ein kleines Landhaus dem unsrigen gegenüber
gemietet, erzählt ein junger Mann seines damaligen Umgangskreises, er
brütete über einem Trauerspiel, in dem der Held auf der Bühne, an der Pest stirbt. Oft
sahen wir ihn stundenlang in einem braunen Curé auf seiner Insel, mit den Armen fechtend,
auf und ab rennen und deklamieren. Gelegentlich einer Unterhaltung über die
dramatischen Verdienste Goethes kam Kleist dazu, dem Bekannten eine genauere
Entwicklung der Regeln der Dramatik vorzutragen und ihm die Gesetze des
Trauerspiels in einer sehr einfachen und mathematischen Figur zu veranschaulichen.
Robert Guiskard sollte der Held seines Dramas werden und dieses als eine
Tragödie ans Licht treten, die zum mindesten einen Vergleich mit dem König
Oidipus nicht zu scheuen brauche. Das Ringen nach diesem Ziele, nach der
vollkommenen Tragödie, die gewaltige Anstrengung seines Geistes und das rastlose Schaffen
überstieg die Kräfte des Leibes und warf ihn aufs Krankenlager.
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