Jörn
Göres (Hrsg.), Gesang und Rede, sinniges Bewegen. Goethe als Theaterleiter.
Ausstellungskatalog des Goethe-Museums Düsseldorf (1973), 191
Heinrich Becker an Heinrich Blümner, Weimar, 10. 1. 1808
Ob wir wieder so glücklich sein werden in Leipzig zu spielen, zweifle ich fast. Im Winter
will es sich auf keine Weise thun lassen, und für den Sommer sind die Ausgaben zu groß,
weil wir, wenn wir das zweitmal kommen würden, auf solche Einnahmen, wie wir vergangenen
Sommer gehabt, nicht würden rechnen können, auch wird Seconde uns schwerlich wieder das
Feld räumen
An unserem Theater Firmament hat sich ein neuer Stern
eingefunden. Herr Werner, Verfasser des Dramas Dr. Luther, hat sich jetzt bey uns
niedergelassen. Er hat ein neues Stück unter Göthens Mitwirkung für unsere Bühne
gearbeitet. Wanda, Königin der Sarmaten, welches zum Geburtstag der Herzogin den 30sten
d: gegeben wird. Wir haben heute die Leseprobe daran. Er hat sich bey Göthen sehr beliebt
zu machen gewußt, welcher sehr von ihm eingenommen ist. Er hat die Gabe den Leuten viel
schönes zu sagen, welches mit unter Eingang findet.
Den Krug [= Der zerbrochene Krug <!> von Heinrich von Kleist]
haben wir noch nicht gegeben, es hat sich durch Göthens Abwesenheit, verschoben. Der
Verfasser hat es, wie er in der Vorrede sagt, nach einem Niederländischen Gemälde
entworfen, wo man den Richter, bey dem Richter verklagt, welcher sich in die Schlafkammer
eines hüpschen Mädchens eingeschlichen hat, die Thür verriegelt, seine Perücke auf
einen irdenen Topf stülpt, und, nach dem Lärm wird, mit der Perücke den Topf herrunter
reißt, und zum Fenster hinaus springt. Die Mutter des Mädchens, welche einen andern in
Verdacht hat, verklagt selbigen bey dem Richter, bis sich alles endet, und der Richter
davon läuft. Wir glauben, daß es von großer Wirkung sein wird.
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