Reise-Erinnerungen
von Friedrich de la Motte Fouqué und Caroline de la Motte Fouqué, geb. v. Briest, 2
Teile (Dresden: Arnold 1823), T. 1, 223-225
Das Käthchen von Heilbronn
Von der Karlsbader Schauspielgesellschaft hatte man mir noch weit unvortheilhafter
gesprochen, als von der Teplitzer, und mich bestimmt versichert, dort werde selbst ich nur
höchstens Einmal das Haus besuchen, und kaum nur eine ganze Vorstellung abwarten. Ich
ging, und wartete die Vorstellung ab, und kam wieder, und bereue das bis diese Stunde noch
nicht. Sah ich gleich meines Freundes Heinrich von Kleist Käthchen aus Heilbronn
nicht so darstellen, wie der Dichter es sich gewünscht haben möchte,
und ich es in der Vorangeschwebten Seele wünschte, so bin ich doch überzeugt, er würde
behaglich lächelnd an meiner Seite gesessen haben, in dem mehr als halb leeren, nur kaum
erleuchtete Hause, so treu gaben die wenigen Zuschauer, meist lauter Oestreicher, Acht, so
ehrlich meinten es die Schauspieler mit ihrer Aufgabe. Eine freilich etwas seltsame
Ankündigung auf dem Zettel sagt uns:
Da durch Versehen der Theaterleute der
Act-Schluß mit der Brücke verloren
gegangen ist, so wird diesmal besondere
Aufmerksamkeit darauf verwendet wer-
den, um diesen Fehler zu verbessern.
Aber der Act-Schluß mit der Brücke ward auch wirklich diesmal nicht
nur vor dem Verlorengehn behütet, sondern in der That recht hübsch und sinnvoll
ausgeführt, so daß ich das Bild des in den Flammen emporklimmenden Käthchen mir noch
immer gern zurückrufe. Es ist überhaupt östreichischen Art und Weise, minder gut mit
dem verheißenden Worte zur Hand zu sein, als mit der erfüllenden That.
|