Friedrich
de la Motte Fouqué, Lebensgeschichte, aufgezeichnet durch ihn
selbst (Halle: Schwetschke 1840), 250f.
Wiedersehen Fouqués und Kleists in Dresden
In diese Zeit fällt eine Reise nach Dresden, die ihn noch immer ansieht als ein überaus
heitrer Lichtblick seines Lebensganges. Zum erstenmal erschaute er all die
anmuthigen Herrlichkeiten dieser Stadt, und daß er sie mit empfänglichem Sinn
erschaute, bewies ihm ihr mehrfaches Wiederschauen in spätern Jahren, wo ihm bei so
mannigfach umgewandeltem Geist und Sinn, und nach so vielen ergreifenden Erlebnissen von
Innen und Außen, stets dieselben Gegenstände als liebliche und erhebende Bekannte mit
unverwandelter Frische begrüßten.
Namentlich bei den Bildern des trefflichen Gemäldesaales trat dies
ein. Solche, die er sich als etwa 27jähriger Jüngling zu
Lieblingsgegenständen seiner Betrachtung und Bewunderung erkoren hatte, blieben es
späterhin auch noch dem 40jährigen Manne. <251:>
Der heitre Dresdner Aufenthalt schien ihn auch
damal näher zusammenführen zu sollen mit Heinrich von Kleist, dem gewißlich in der deutschen Literatur nie
vergessenen Dichter des Käthchens von Heilbronn, des zerbrochnen Kruges,
u. s. w. u. s. w. u. s. w., wie man wohl mit
weit besserem Recht hinzufügen könnte, als es hinter manchen Titulaturen gebräuchlich
ist. Damals hatte Kleist sein überkräftig wunderliches Schauspiel: Die Familie
Schroffenstein in Druck gegeben, ohne Autornamen. Fouqué wußte davon, ohne es
gelesen zu haben.
Nun hätte man meinen sollen, es seien Elemente genug vorhanden
gewesen, die Beiden einander zu nähern, und zwar aufs allerinnigste. Jeder, ob zwar
in verschiedenen Schaaren, hatte den letzten Rhein-Feldzug im Jahr 1794
als erste Waffenprüfung mit durchgefochten, einander im Jahre 1795 zu
Potsdam in heitrer Geselligkeit als jugendlich elegante Ritter antreffend, und
Wohlgefallen an einander findend. Seither waren sie Beide aus dem Kriegsdienst
zurückgetreten, sich poetischen Studien ergebend. Auch jetzt freueten sie sich
wechselseitig des Zusammentreffens in Dresden, und dennoch blieben sie einander in
poetischer Hinsicht gänzlich fern und unzugänglich. Wie das kam? Heinrich Kleist
gehörte der Wielandschen Schule an, Fouqué der Schlegelschen, und beide waren, was sie
waren, immerdar aus glühender Seele ganz. Sie hielten sich denn in ihren Gesprächen
denn einander geistig fern bleiben konnten und wollten sie nicht an die
Kriegskunst.
Emendation
Heinrich] Heinreich D
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