Eduard v. Bülow, Ueber Heinrich von Kleists Leben, in: Monatblätter zur
Ergänzung der Allgemeinen Zeitung (November 1846), 512-530; darin: 526
Prinz Friedrich von Homburg
Inzwischen hatte seine Familie eine hohe Person für ihn zu
interessiren gewußt, durch deren Vermittlung Kleist für die Dichtung eines
vaterländischen Schauspiels eine Unterstützung von Staatswegen zugesichert wurde. Kleist
ergriff den Gedanken mit Begeisterung, und so entstand sein Meisterwerk: Der Prinz
von Homburg, gewiß das einzige Schauspiel seiner Art, dessen Lectüre oder
Aufführung im Falle der Noth brandenburgisch-deutsche Vaterlandsliebe zu erwecken fähig
ist. Der zufällige Umstand daß sich damals eine andere hohe, dem regierenden Hause
verwandte Person in Berlin aufhielt, war mit Veranlassung gewesen daß sich Kleist dieses
Stoffes bemächtigte. Um es recht gut zu machen, verherrlichte er in seiner Dichtung auch
eine Prinzessin von Oranien.
Der
edle Dichter widmete das vollendetste Werk seines Lebens handschriftlich seiner Gönnerin.
Es war eine poetische Verblendung davon Hofgunst zu erwarten. Man hatte demselben
erwartungsvoll entgegengesehen, und fand sich in den daran gestellten Anforderungen schwer
enttäuscht. Eine Enttäuschung in einem solchen Falle verräth sich durch Schweigen.
Seine eigene Enttäuschung gab aber der verzweifelten Stimmung in der er sich bereits
befand, neue Nahrung; man kann jene stillschweigende Verwerfung seiner Dichtung als seinen
Todesstoß ansehen. Das Unglück seines Vaterlandes, die öffentliche Verläugnung seines
Talentes, seine hülfsbedürftige Lage hatten ihn völlig hoffnungs- und muthlos gemacht.
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