Arno Barnert in
Zusammenarbeit mit Roland Reuß und Peter Staengle, Polizei
Theater Zensur. Quellen zu Heinrich von Kleists Berliner
Abendblättern, in: BKB 11 (1997), 29-353; darin: 349
Karl August v. Hardenberg an Heinrich v. Kleist, Berlin,
26. 2. 1811
<11r>
Abschrift eines Schreibens an den Herrn H. von Kleist Hochwohlgb. d. d.
Berlin d 26ten
Febr: 1811
Es ist unbegreiflich, wie Ew. Hochwohlgeboren sich haben beÿgehen lassen können, mir das
Schreiben mitzutheilen, welches Sie an d Hwgb. RegierungsRath von Raumer abgelassen haben,
da Sie wissen mußten, daß es Behauptungen enthielt, deren Ungrund mir ganz genau bekannt
war.
Das Abendblatt hat nicht
bloß meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen, sondern die Sr. Majestät des Königs
Höchstselbst weil Sie in eben dem Augenblicke, wo die neuen FinanzGesetze erschienen,
Artickel darin aufnehmen, die geradezu dahin abzielten, jene Gesetze anzugreifen.
Es wäre genug gewesen, die
Censur zu schärfen, oder Ihr Blatt ganz zu verbiethen, da es bey aller Freÿheit die man
unpartheyischen Discussionen über Gegenstände der StaatsVerwaltung bewilligt, doch
durchaus nicht gestattet werden kann, daß in Tagesblättern Unzufriedenheit mit den
Maasregeln der Regierung aufgeregt werde. Aus wahrer Wohlmeinung gegen Sie, sprach
ich aber mit Ihnen und versprach Ihnen Unterstützung, wenn Sie ein zweckmäßiges Blatt
schreiben. Die Auslegung, welche Sie diesem Anerbieten geben, als ob man Sie hätte
erkaufen wollen, ist aber so unrichtig, als die Behauptung, daß Sie die angebotene
Unterstützung abgelehnt hätten. Sie haben aber keinen Anspruch darauf, weil die
Abendblätter auf keine Weise den Zweck erfüllen und durch ihren Unwerth von selbst
fallen müssen, denn Auszüge aus längst gelesenen politischen Zeitungen und ein paar
Aneckdoten, können, wie Sie selbst einsehen werden, nicht das mindeste Recht auf
Unterstützung reclamiren oder die Benennung eines halbofficiellen Blatts verdienen.
Ew. Hochwohlgb. haben es sich
demnach allein selbst zuzuschreiben, wenn die gute Absicht, die ich für Sie hegte, nicht
erfüllt wird und ich kann nicht umhin, Ihnen zu sagen, daß Ihre Correspondenz mit dem
Herrn von Raumer, in der Sie Sich im Widerspruch mit Sich selbst befinden, mir äußerst
mißfallen hat.
H: GStA-PK, Sign.: HA I, Rep. 77, Tit. 1, Nr. 1, Bl. 11
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