Arno Barnert in
Zusammenarbeit mit Roland Reuß und Peter Staengle, Polizei
Theater Zensur. Quellen zu Heinrich von Kleists Berliner
Abendblättern, in: BKB 11 (1997), 29-353; darin: 348
Kabinettsorder über das Zensurwesen, Berlin, 25. 2. 1811
<26r>
Abschrift.
Es ist für die Erhaltung der allgemeinen Ruhe wahrentlich nothwendig, daß sowohl über
äußere Verhältniße, als über die Verfassung und Verwaltung des Staates, nichts
publizirt werde, was den Verhältnissen und fremden Mächten oder Meinen Absichten
entgegen ist, und die öffentliche Ansicht derselben verwirren könnte. Da deshalb die
Zensur aller in Meinen Landen herauskommender Schriften strenger und vorsichtiger als
bisher werden muß, so trage Ich Ihnen auf hiefür zu sorgen und die Grundsätze nach
welchen solche seither geführt worden baldigst einer genauen Revision und Festsetzung zu
unterwerfen. Vorläufig finde Ich, weil Sie allein Meine Absichten ihrem ganzem Umfange
nach kennen, für nöthig, eine höhere Zensur anzuordnen, die unmittelbar unter Ihre
Leitung gesetzt werden soll. Ich authorisire Sie daher, alle hier und in der gesammten
Monarchie erscheinende Schriften und Aufsätze, welche die StaatsVerfassung und Verwaltung
betreffen, oder darauf Bezug haben unter Ihrer Oberleitung durch den StaatsRath Gruner
censiren zu laßen, der dabey nach Ihrer Instrukzion zu verfahren, und zweifelhafte Fälle
Ihnen zur Entscheidung vorzutragen hat. Wenn solche Schriften zugleich politischen Inhalts
sind, sollen sie stets vor diese höhere Zensur gehören, insofern nicht deren Abgabe an
die politische Zensur unbedenklich ist. Auch versteht es sich, daß periodische und
Tagesblätter, welche obige Tendenz haben, so wie einzelne darin erscheinende Aufsätze
dieser Gattung zur höhern Zensur vor gelegt werden müssen. Ich authorisire Sie, dem
gemäß den betreffenden Ministerien und Departements die erforderliche Mittheilung zu
machen und dafür zu sorgen, daß gegenwärtiger Befehl unverzüglich und vollständig zur
Ausführung gebracht werde. Berlin den 25ten Februar 1811.
Friedrich Wilhelm
An
den Staats Kanzler Freiherrn
von Hardenberg
H: GStA-PK, Sign.: HA I, Rep. 77, Tit. 1, Nr. 1, Bl. 26
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