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 Arno Barnert in
        Zusammenarbeit mit Roland Reuß und Peter Staengle, Polizei 
        Theater  Zensur. Quellen zu Heinrich von Kleists Berliner
        Abendblättern, in: BKB 11 (1997), 29-353; darin: 274f. 
         
        Zweiter Bericht des Polizeiinspektors Kayser zum Theaterskandal, Berlin,
        28. 11. 1810 
         
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        Berlin den 28ten November 1810.,  
        die Unruhen im Theater vom 26ten d. Ms. betreffend.  
         
        In Verfolg meines gestrigen Berichts über die am 26ten d.
        Ms. im Schauspielhause stattgehabten Unruhen verfehle ich nicht nachträglich den mir erst
        später bekannt gewordenen Umstand unterthänig anzuzeigen: daß der wachthabende Offizier
        der Bürgergarde den pochenden Militairpersonen wiederholt und mit dem ausdrücklichen
        Zusatze im Namen des Gouvernements Ruhe empfohlen hat, ihm jedoch von mehreren, mit lautem
        spöttischen Lachen, darauf erwiedert ist: er habe sich um sie nicht zu bekümmern. In
        ähnlicher Art ist dem Unteroffizier Wechsler Riess von dem Rittmeister von
        Werder dem ältern begegnet. Der Kaufmann Lieutenant Dietrich wird
        wahrscheinlich dem Hochlöbl. Gouvernement hierüber schon Rapport erstattet haben, auch
        für die Zivilbehörden scheint es mir indessen insofern von Interesse zu sein, als die
        gerügte Behandlungs Art <275:> alle Mitglieder der Bürgergarde empört hat u
        leicht in Absicht der jetzt intendirten Augmentazion dieses Korps von nachtheiligen Folgen
        sein dürfte. Die Aeußerungen gegen den Herrn Dietrich haben die Herren
        Kommissarien Eberhardt u Splittgerber selbst gehört, auch wird der Herr
        Premier 
         
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        Premier-Lieutenant von Podschesli, im hiesigen UhlanenRegimente, der dabei
        gestanden, sie wahrscheinlich zu bescheinigen nicht Abstand nehmen. Letzterm müssen auch
        die von dem Herrn Rittmeister von Werder des ältern in Absicht der
        Thätlichkeiten, womit er sich den Polizei-Offizianten, welche die Störung etwa rügen
        sollten, widersetzen wolle, ausgestoßenen Drohungen, deren ich schon in meinem ersten
        Berichte erwähnte, zu Ohren gekommen sein. Herr von Klitzing, Hauptmann beim
        Generalstaabe, früher nicht namentlich gekannt, ist, wie ich schließlich noch bemerke,
        nach Angabe des Herrn Kommissarius Eberhardt beim Pochen ausgezeichnet thätig
        gewesen. Derselbe soll auch seinen Herrn Kameraden, auf dem Parterre sowohl als in den
        Logen, anhaltend zur Fortsetzung der Unruhen animirt haben. Ueber den letztern Umstand
        kann ich jedoch keine Zeugen, welche die Wahrheit desselben näher nachweisen können,
        nahmhaft machen.  
         Berlin den 28 Novbr. 1810 
         Kayser  
         
        H: GStA-PK, Sign.: HA I, Rep. 77, Tit. 420, Nr. 2, Bd. 1, Bl. 66 
         
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