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B

Jakob Baxa, Die „Phoenix“-Buchhandlung. Ein Beitrag zur Kleist-Forschung, in: Zeitschrift für deutsche Philologie 75 (1956), 171-185; darin: 172-180

Gutachten der Dresdner Buchhändler, Ende Januar 1808

Wohlgebohrne, Rechts Hochgelahrte, auch Hochweise, Hochgeehrteste Herren!
Ew. Wohlgeb. und Hochweisen haben in Gemäsheit des aus E. Hohen Kirchen Rathe unterm 8ten dieses Monats ergangenen, Rescripts unsere Erklärung über <173:> das Gesuch erfordert, welches Herr Heinrich Adam Müller unter dem Anführen, dass allhier nur Vier Buch-Handlungen würklich vorhanden wären, in angeblichem Auftrage von einer hiesigen Gesellschaft Gelehrten um Concession zu Errichtung einer Fünften Buchhandlung an diesem Orte daselbst angebracht hat.

1.
Diese Erklärung könnte sich auf die blose Anzeige einschränken, die wir hiermit thun, dass Herr Müller sich irrte, wenn er glaubte, es sey ein Fünftes Buch-„Handlungs„Privilegium, um welches er ansuche – ein Irrthum, der ihm übrigens wohl begegnen konnte, da es nicht lange her ist, dass er sich aus dem Auslande anhero gewendet hat, und ihm die Bewandniss, die es mit den hiesigen Handlungs-Privilegien hat, und der Rechts-Grundsatz, dass Privilegien nur nach rechtsverwährtem Nicht Gebrauche erlöschen, überhaupt unbekannt seyn mag. Ew. Wohlgeb. und Hochweisen ist nämlich officiell bekannt, dass dermalen Fünf der gleichen, nämlich das Walthersche, Hilschersche, Gerlachsche, Arnoldische und Pinthersche Pivilegium vorhanden ist. Die Buch-Handlung, womit die letztere verbunden ist, hat zwar seit dem im vorigen Jahre erfolgten, Tode ihres Besitzers darum geruhet, weil seinen Nachlass das Loos so vieler hiesigen Buch-Handlungen getroffen hat, insolvent zu seyn, und seine Erben daher denselben nicht sofort angetreten haben. So wie aber seit dem Jahre 1804., da der verstorbene Pinther solches erhalten hat, an sich nicht eine solche Zeit verflossen ist, binnen welcher rechtlicher Weise Privilegien durch Nicht Gebrauch aufhören, also ist sein Privilegium nebst seinen Verlags-Rechten, und Waaren-Lager unter Zustimmung seiner Witwe, welche ihre Einbringungen zurückgefordert hat, und seiner übrigen Gläubiger von seinem unmündigen Erben bereits in der Mitte des vorigen Jahres an seinen Vetter, gleichen Namens, und, nachdem dieser seinen Plan geändert hat, an den bisherigen Buchhalter der Arnoldischen Buch-Handlung, Herrn Winkler, gegen ein Kaufgeld von 1500 rth. –„ –„ bis auf Allerhöchste Genehmigung überlassen worden, damit die Pintherschen Gläubiger wenigstens einige Masse zu ihrer Befriedigung hätten, wiewohl auch davon bey Weitem nicht funfzig Pro Cent auf ihre Forderung ausfallen dürften.
Da nun den Landesherrlichen Zusicherungen zufolge, die in dem ursprünglichen Privilegio der hiesigen Buch-Handlungen vom 22ten September 1675., in den Renovations-Urkunden vom 20ten Januar 1686., 12ten März 1692., 9ten April 1710, dem an E. Hohen Kirchen-Rath unterm 10ten April 1711 ergangenen Rescripte, und neueren Confirmations Urkunden enthalten sind,
nur Fünf Buch-Handlungen in Dresden seyn, es bey dem
numero von Fünf Buch-Handlungen bleiben, und neben
ihnen kein anderer Buch-Handel alhier zu treiben
verstattet werden soll.
Da Herr Müller selbst so consequent gewesen ist, um ein ausschließendes Fünftes, obwohl irrig für erledigt gehaltenes, und nicht um ein, sonach ausgeschlossenes, Sechstes Privilegium, dem ein künftiges Siebentes, Achtes, Neuntes, <174:> Zehntes eben so gut folgen könnte, ausgesucht hat, und da seine Voraussetzung, als ob Eins der verfassungsmäßigen Privilegien aufgehört habe, nach dem Vorigen unrichtig ist, so darf er gewiss nur dieses Alles gelesen haben, um sein Gesuch selbst zurückzunehmen.
Zwar hat der Landesherr, wie bey Ertheilung aller Privilegien, also auch hier, sich vorbehalten, dieselben nach Gelegenheit der Zeiten/: also nicht willkührlich:/ zu mehren, zu mindern, auch nach Befinden gar hinwiederum zu cassiren und aufzuheben. Und ob Sr Majestät aus landesherrlicher Macht-Vollkommenheit das Pinthersche Privilegium zuförderst zu cassiren geruhen möchten, um sodann Herrn Müllern an dessen Stelle ein anderes Fünftes zu ertheilen, könnte uns in so fern gleichgültig seyn, als es solchenfalls, da das Fünfte Privilegium nun einmal hergestellt worden ist, doch wenigstens immer noch bey den landesherrlichen Zusicherungen bliebe, daß nur Fünf dergleichen Privilegien zu gleicher Zeit stattfinden sollten. So sehr wir aber bedauern müssen, dass Pinthern unserer damaligen Gegen Vorstellungen ohnerachtet das Fünfte Privilegium, wenn auch als ein würklich erledigtes, ertheilt worden ist, so ist es doch, da es nun einmal gegeben und nicht erloschen ist, nicht blos Theilnahme an dem Verluste der Pintherschen Witwe und übrigen Gläubiger, wenn wir nicht wünschen können, dass das Pinthersche Privilegium ohne Weiteres, und ohne einen andern Grund, als damit es nur formal rechtlicher Weise Herrn Müller ertheilt werden könnte, cassirt würde. Wir sind selbst, wenigstens indirect, dabey interessirt, dass der Landesherrliche Vorbehalt des Wiederrufs der Privilegien, wie auch E. Hohes Appellations-Gericht mehr als einmal erklärt hat, nur von den Fällen des Misbrauchs, oder des nur durch die Cassation eines solchen Privilegii zu sichernden öffentlichen Wohls, gemeynt seyn könne. Denn außerdem würde die Unsicherheit der, nicht blos den Inhabern, sondern auch ihren Erben, überdies mit der, blos durch die Landesherrliche Confirmation bedingten Erlaubnis der Veräußerung, ertheilten, Privilegien noch mehr von ihrem Geld Werthe herabgesetzt werden, wenn derselbe den Erben, oder gar den Gläubigern eines unglücklichen Buch-Händlers blos zu Gunsten eines Dritten durch Aufhebung eines Privilegii entzogen würde, dessen Verkauf ihnen einige Masse gewährt haben würde. Ich, Gerlach, bin bereits ein Opfer der Ertheilung des Fünften erloschenen Privilegii an Pinthern geworden, indem, als ich solches zu Befriedigung meiner Gläubiger verkaufen wollte, sich darum kein Käufer fand, weil man sich durch die Herstellung der ursprünglichen Zahl der Privilegien abhalten ließ, sich in ein nun gar unter Fünf vertheiltes Negoz einzulassen. So mußten sich denn meine Gläubiger mit so vielem weniger begnügen, als ich vor Ertheilung des Pintherschen Privilegii für das meinige hätte erhalten können. Und wiewohl Eingangs genannter Herr Müller mir neuerlich für mein Privilegium nebst Zubehör 500 rth –,–, geboten hat, so stehen sie doch in keinem Verhältnisse zu dem Werthe des Waaren Lagers und der Verlags Rechte, geschweige denn des Privilegii.
Uiber das Alles erhellet aus dem, im Eingange angezogenen, Allerhöchsten Rescripte nicht nur die Absicht, das Pinthersche Privilegium aufzuheben, um etwa Herrn Müllern ein neues Privilegium zu ertheilen, ohne gleichwohl den <175:> numerum der Fünf Buch-Handlungen den Landesherrlichen Zusicherungen gemäß nicht zu überschreiten, sondern vielmehr die Voraussetzung, daß das Anführen, als ob Eins der bisherigen Fünf Privilegien erledigt sey, gegründet sey. Da nun solchem nach das Gesuch um ein, angeblich nicht existirendes, gleichwohl aber weder cassirtes, noch durch rechtsverwährten Nicht Gebrauch erloschenes, Buch-Handlungs-Privilegium sich von selbst erledigt, so könnte sich hier unsere Erklärung endigen.
2.
Es könnte aber Herr Müller auf den Versuch gerathen, ob nicht gar ein Sechstes Privilegium zu erlangen sey. Nun dürfen wir zwar, dass er mit einem solchen Gesuche glücklicher seyn werde, am allerwenigsten, nach den obangezogenen Landesherrlichen Zusicherungen, verbunden mit demjenigen befürchten, was wir in unseren ausführlichen, gegen Ertheilung des, dessen ohnerachtet dem verstorbenen Pinther gegebenen, Fünften Privilegii bereits bey Ew. Wohlgeb. und Hochweisen unterm 28sten Junius 1804. bey E. Hohen Kirchen Rathe unterm 20sten Julius 1804. und bey E. Hochpreisslichen Geheimen Consilio unterm 3ten und 25sten October 1804. ausführlich gezeigt haben. Indessen glauben wir, Herr Müller selbst, dessen wissenschaftlichen Verdiensten wir darum nicht weniger Gerechtigkeit wiederfahren lassen, wenn wir seine practischen Kenntnisse vom Buch-Handel bezweifeln zu müssen glauben, werde selbst von einem solchen Gedancken abgeschreckt werden, wenn er Folgendes in Uiberlegung gezogen haben wird.
a.)
Schon die in jenen Vorstellungen dargestellte, und belegte, Geschichte des Dresdner Buch Handels vom Jahre 1675. an, da zuerst die damaligen Fünf Buch-Handlungen ein ausschliessendes Privilegium erhielten bis jetzo, zeigt, dass nicht einmal Fünf, geschweige denn Sechs, Buch-Handlungen neben einander bestehen können. Von den ersten Fünf privilegiirten war wenigstens die Cöstlerische sogenannte Buch-Handlung ein blosser Kram von eingebundenen Calendern, Gesang-Büchern, Bibeln und Catechismen, wie etwa jetzt die Buch-Binder auf dem Markte und unter dem Rath-Hause feil haben, und Flug Schriften. Denn der sogenannte Buch Händler Cöstler hatte in der Geheimen Canzley feil, wie sich aus seiner Concession vom 17ten März 1651. und noch aus einem unterm 4ten September 1710. an E. Hohen Kirchen Rath ergangenen Rescripte ergiebt. Und nach einer Concessions-Urkunde vom Monats Tag August 1729. existirten damals nur noch Vier Buch-Handlungen, welches nach einer Anzeige bey E. Hohen Kirchen Rathe untern 21sten Julius 1710 schon in diesem letztern Jahr der Fall war. So wie das ursprüngliche Cöstlerische Privilegium durch verjährten Nicht-Gebrauch endlich erloschen war, also erlosch auch auf eben die Art das Henkelsche, der David Richterschen Concession nicht zu gedenken, deren Inhaber sich bald nach ihrer Erlangung besage der angezogenen Urkunde vom Monats Tage August 1729. von Dresden gänzlich wegwendete. Und so haben im vorigen und jetzigen Jahrhunderte, wenige Jahre ausgenommen, nie mehr als Vier Buch-Handlungs-Privilegien zugleich existirt, bis endlich im Jahre 1804. Pinther das, durch rechtsverwährten Nicht-Gebrauch <176:> erloschene, Fünfte erhielt. Während jenes Zeitraums geriethen mehrere Buch-Handlungen, als die Leschische, die Sauerssigsche, die ehemalige Hilschersche, die Doctor Richtersche, in Concurs, anderer, welche mit ihren Gläubigern accordiren mussten, nicht zu gedenken, und das neueste Beyspiel einer insolventen Buch-Handlung ist die neueste, die Pinthersche. Daher kam es denn, dass meistentheils gar nur drey Buch-Handlungen zugleich, wie zuletzt, ehe die Arnoldische Buch-Handlung in die Rechte der, viele Jahre nicht gangbar gewesenen, Doctor Richterschen trat, ihre Privilegien-Rechte ausübten. Wenn nun das Fünfte Privilegium über 50. Jahre ganz ungesucht blieb, und von Vier Buch-Handlungen immer Eine kränkelte, bis sie einging, oder zu Befriedigung der Gläubiger einem andern Besitzer überlassen werden mußte, so ist die länger als Funfzigjährige Erfahrung an sich ein sicheres Prognosticon für wenigstens Eine von Fünf Buch-Handlungen, und noch mehr für Zwey von Sechs Buch-Handlungen.
b.)
Die Gründe aber, warum sich von jeher, noch mehr in unseren Zeiten, und, so lange nicht eine außerordentliche Veränderung zum Vortheile des Buch-Handels überhaupt, und des Dresdner insbesondere, die sich nun wohl nicht erwarten läßt, ereignet haben sollte, ins Künftige nicht Fünf, geschweige denn Sechs, Buch-Handlungen erhalten haben, können, und werden, sind folgende:
a.)
Dresden hat über 70.000 Einwohner weniger, als um die Mitte des vorigen Jahrhunderts, da schon die Zahl der Buch-Handlungs-Privilegien für die Volks-Menge zu gross war. Natürlicher Weise stehet aber die Volks-Menge mit der Anzahl der Käufer, und diese mit dem Umfange des Buch-Handels im Verhältnisse.
b.)
Nach dem Maasse, nach welchem die Lebens Bedürfnisse, und ihre Preisse steigen, nehmen die Kräfte ab, Bücher zu kaufen, als unter welchen die wenigsten Bedürfniss sind. Wie sich aber die jetzigen Preisse der Lebens-Bedürfnisse zu den ehemaligen verhalten, ist bekannt
g.)
So wie sich der Umfang der Litterat ur erweitert hat, ist die Anzahl der Institute zu Recensionen vermehrt worden, und man begnügt sich gar oft mit einer Recension, anstatt das Buch sich selbst anzuschaffen.
d.)
Die zahlreichen und reichhaltigen Bücher Auctionen, in denen man so gar die neuesten Schriften findet, theils weil ein unglücklicher Buch-Händler sie nicht ander abzusetzen weiss, theils weil es Nachdrücke sind, theils auch, weil sie wohl gar dem Buch-Händler gestohlen werden, vermindern ebenfalls den Vertrieb des Buch-Händlers. <177:>
e.)
Der Handel der Antiquarien mit alten und neuen Nachdrücken, auch andern Büchern, die sie roh um billige Preisse zu erlangen wissen, einbinden lassen, in die Auction geben, um sie zu erstehen, und sagen zu können, daß sie dieselben aus der Auction haben, und nun, wenn auch in einem mehr als figürlichen Sinne, als alte verkaufen, ist hauptsächlich der Wurm, der an dem Buch-Handel nagt, zumal auch dieser Beschwerde, durch die neuesten Entscheidungen, nach welchen ein Antiquar einen Nachdruck verkaufen darf, wenn er ihn nur nicht selbst veranstaltet, noch eingeführt hat, ob er schon der Nachdruck selbst dann durch Jemand andern eingeführt worden seyn muß, was damit auf Eins herauskommt, nicht abgeholfen worden ist.
z.)
Die Journalisticen treiben alle im Grunde Handel mit den ausgegebenen Büchern wenn sie gelesen sind, und neben her noch unter jenem Vorwande mit andern Büchern, da sie nicht einmal zu übersehen sind.
h.)
Die Lese-Cabineter, Leih-Bibliotheken und Journalistica selbst vermindern den Absatz mehr, als daß sie denselben befördern solten, weil so viele das nämliche Buch lesen, ohne es zu kaufen.
q.)
Seit einiger Zeit sind rings um Dresden, in Freyburg, Meissen, Pirna, Bautzen, der entfernteren Städte nicht zugedenken, Sieben Buch-Handlungen entstanden, welche den Buch-Handel für die umliegende Gegend, den sonst die Dresdner Buch-Handlungen hatten, an sich gezogen.
i.)
Das Vorurtheil hat mehrere Dresdner gewöhnt, ihre Bücher-Bedürfnisse unmittelbar von dem grossen Stapel Orte Leipzig verschreiben zu lassen, ohnerachtet der Dresdner Sortiments-Händler unter übrigens gleichen Umständen ihnen eben den Rabbat, den der Leipziger, der nicht Schwindler ist, giebt, zukommen läßt, und überdies Fracht und Accise trägt.
k.)
Die über alle Maasse vermehrte Anzahl der Buch-Händler überhaupt, und darunter eine Menge Schwindler, welche im Anfange einige Zeit die Waaren unter dem Preisse verkaufen, um Kunden an sich zu ziehen, oder Geld zu erhalten für Waaren, die sie noch nicht bezahlt haben, hat so überhand genommen, daß der Rabbat, den der Leipziger, um mit dem Schwindler gleiche Preisse zu halten, und die Dresdner Buch-Handlungen, um mit den Leipzigern ebenfalls gleichen Preiss zu halten, dem Käufer bewilligen müssen, so hoch gestiegen ist, daß der Sortiments-Handel kaum sich mehr der Mühe verlohnt. Und es ist bekannt, dass die Bemühungen der solidesten Buch-Handlungen, den Buch- <178:> Handel auf eine sichere Grundlage zu gründen, den vielfältigen Banquerouten der Buch-Händler zuvorzukommen, und den Credit aufrecht zu erhalten, vergeblich gewesen sind.
l.)
Der Verlags Handel wird immer mislicher, je mehr Bücher gedruckt und je weniger Bücher verkauft werden. Das erstere zeigt der Anwachs der Messcatalogen, und das letztere erklärt sich theils aus der Menge der litterarischen Zeitungen und gelehrten Journale, theils aus den erhöheten Preissen der Lebensbedürfnisse, daher es denn kommt, daß der Verleger, welcher sonst 1000. bis 1500. Exemplarien abdrucken liess, jetzo höchstens 500 abdrucken zu lassen wagt.
m.)
Uiber das Alles waren mit den Vier Buch-Handlungs-Privilegien, die immer erneuet, wenn auch nicht immer zugleich gebraucht worden sind, die Verlags-Privilegien von Drey Druckarten des Dresdner Gesangbuchs, deren Eins in den Buch-Handlungs-Inventarien und im Erbe gewöhnlich zu 6000 rth. –,–, angeschlagen wurde, und von dem Lutherschen Catechismus verbunden, welche stehende Artikel zum algemeinen Gebrauche des ganzen Landes, eine grosse und ununterbrochene Unterstützung der Buch-Handlungen waren. Die Walthersche, die Gerlachsche, die Arnoldische Buch-Handlung haben die Verlags-Privilegien der Gesangbuchs-Drucke nicht wieder erneuert erhalten können, weil E. Hoher Kirchen Rath den Ertrag zu frommen Gebrauche bestimmt hat. Die Grösse des Ertrags, und folglich des Verlustes dieser drey Buch-Handlungen wird E. Hohen Kirchen Rathe selbst aus den Rechnungen des Buchdrucker Meinhold bekannt seyn, welcher das Dresdner Gesangbuch nicht nur zu drucken, sondern auch zu verlegen hat. Die Hilschersche Buch-Handlung hat aber aus Gründen, die sich leicht einsehen lassen, von dem Lutherschen Catechismus-Privilegio so gut wie gar keinen Nutzen mehr.
n .)
Und so ist es denn mit den hiesigen Buch Handlungen dahin gediehen, dass die Walthersche, deren eigne Pressen von Sechsen auf Zwey bey allem derselben von jeher eigen gewesenen Unternehmungs-Geiste herabgesunken sind, mit allen ihren wichtigen, alten und neuen, auf alle Zeiten berechneten, Verlags Werken; die Hilschersche, welche noch an einer Weinhandlung Unterstützung hat, ihrer Musicalien-Unternehmungen ohnerachtet, auf welche sie viel vergeblich verwendete, weil gerade mit diesem noch am meisten gesuchten, Artikel selbst nach der neuesten Entscheidung Jedermann soll handeln dürfen, wie das auch der Fall ist; die nicht weniger uralte Gerlachsche bey ihrer durch die Zeit Umstände herbey geführten Kraftlosigkeit, und die Arnoldische bey einem besonders ausgebreiteten, aber viele Leute und andern Aufwand erfordernden Sortiments-Handel, neben ihrem aller currenten Verlags-Handel alle Kräfte aufbieten, und zum Theil das besondere Vermögen ihrer Besitzer zusetzen müssen, um dem Zweck der Privilegien gemäss, eine Residenz, wie <179:> Dresden ist, mit genugsamen Materien an inn- und ausländischen Büchern versorgen zu können, wie sie bisher endlich gethan haben. So können unter andern wir, die Besitzer der Arnoldischen Buch-Handlung, heilig versichern, dass wir nach einem ursprünglichen Fonds von 12000 rth. bisher jährlich 1,500 rth. –,–, 2,000 –,– und 2,400 –,– aus unserm separaten Vermögen anstatt der gehofften Ausbeute haben zuschiessen müssen, dagegen unser Gewinn in einem Waaren-Lager, dessen Absatz problematisch ist, und in ausstehenden Forderungen, deren Bezahlung zum Theil zweifelhaft ist, so verborgen liegt, daß wir fürchten müssen, er werde nur scheinbar gewesen seyn.
Dergleichen Anstrengungen können wohl der Staats-Verwaltung nicht anders als wohlgefällig seyn. Und wenn das ist, so wird sie dieselben nicht durch Vermehrung einer Concurrenz, die schon zu gross ist, vergeblich machen.
c.)
Käme nun gar noch eine Sechste Buch-Handlung hinzu, so sind die Folgen leicht vorher zu sehen. Was zuviel ist, wird vernichtet. Welche Buch-Handlung es zuerst treffen würde, läßt sich zwar nicht voraussehen. Träfe es eine oder die andere der Fünf älteren, so braucht man sich nur in die Empfindungen ihres Besitzers zu versetzen, welcher siehet, daß ihn ein Ankömmling, der sich eingedrungen hätte, verdrängt habe. Wenn es aber auch die neue Buch-Handlung träfe, so träfe es doch nicht blos den Urheber. Die älteren Buch-Handlungen würden während der Kraft Anstrengungen der neuen immer an Kräften verlohren haben, ohne dass es am Ende der neuen Etwas geholfen haben würde. Denn der Gewinn würde sich immer unter mehrere, und zu viele vertheilen, und für jeden folglich geringer seyn.
Die Erfahrung hat übrigens an der sogenannten Buch-Handlung der Gelehrten in Dessau, und den Speculationen des Doctors Barth, so wie neuerlich an den Projecten des verstorbenen Pinthers,/ auch eines Litterati/, bey seinem Gesuche um das Fünfte gezeigt, dass, so paradox es auch scheint, die Speculationen eines Gelehrten, der Buch-Händler wird, wenn es schon nicht schaden kann, dass ein Buch Händler gelehrt ist, nur eingebildet sind, zwar dem Buch-Händler eine Zeit lang Schaden thun können, aber am Ende sich selbst und dem Buch-Handel zugleich Schaden gethan hat. Das ist leicht zu erklären. Der gelehrteste Mann, der tiefsinnigste Kopf, hat als solcher die practischen Kenntnisse des viel umfassenden Kaufmannes nicht, als der Buch-Händler ist. Er kann sie am Ende durch die Erfahrung freylich eben so gut erwerben, als der, beym Buch Handel herangezogene Buch Händler, aber wenn es zu spät ist. Er beurtheilt ferner den Geschmack oder das Bedürfnis des Publicums an Gegenständen des Buch-Handels mehr nach seinem individuellen. Der Buch-Handel des Gelehrten wird immer mehr Liebhaberey seyn, welche mehr kostet als einbringt, mehr von Vorliebe für diejenigen Gegenstände, die ihm für Wissenschaft oder Kunst, und wohl nur für manche Wissenschaften, die in seinen Augen einen höhern Werth haben, als vom Kaufmanns Geiste, ohne welchen keine Handlung solid seyn kann, beseelt seyn; seine an sich achtungswerthen Zwecke werden am Ende selbst die Mittel vernichtet haben, die er brauchen <180:> wollte, um sie zu erreichen. Und ein mystischer Buch Händler vollends, wäre er auch aus Gelehrten in allen Fächern zusammengesetzt, wird bald in seinen Körpern die Krankheit erzeugen, die im Staate Anarchie heisst. Es lassen sich allerdings Projecte, deren Ausführungen in den Augen des Gelehrten sehr wünschenswerth sein können, ausdenken, und mit dem vortheilhaftesten Colorit darstellen. Dahin gehört, die besten Schriftsteller durch höhere Honorarien, als der Buch-Händler geben zu können glaubt, an sich zu ziehen, und wenn der mystische Buch-Händler eine composition von Schriftstellern selbst ist, sein Geisteswerk selbst etwa mittels eines Antheils am Ertrage, theurer zu verkaufen, als der Buch-Händler es kaufen mag, und was der Speculationen dann alle mehr seyn mögen. An Folgendes wird aber nicht eher gedacht, als bis die Erfahrung den Schleyer von den Augen genommen hat. Je höher das Honorarium ist, je theurer wird der Preiss des Buchs, oder je weniger bleibt von dem Gewinn für den Buch-Händler übrig. Je theurer der Preiss, je weniger Absatz. Je niedriger der Preiss, desto weniger Entschädigung für fehlgeschlagene Verlags-Artikel, und für inexegible Schulden. Und wenn der Kaufmann keinen Verlag hat, der im Verhältnisse mit seinen Unternehmungen stehet, wenn er seinen Verlag nicht vermehren kann, so kann er auch seine Kräfte zu Unternehmungen nicht erhalten, geschweige denn erhöhen. Was aber vom Kaufmanne überhaupt gilt, ist von der eignen Art des Handels, der die Gedanken des wissenschaftlichen und artistischen Geistes verbreitet, in einem höhern Sinne wahr. So geschieht es dann, dass dergleichen glänzende Buch-Handels Unternehmungen, die sich nicht a priori berechnen lassen, weil dabey gar zu viel in Anschlag kömmt, was man nur a posteriori wissen kann, aufhören, wenn sie andere ruinirt haben. Ohnerachtet diese Folgen unmittelbar nur uns interessiren, so wird uns doch Herr Müller zutrauen, dass uns dieses Interesse nicht allein, sondern auch eine uneigennützige Theilnahme an den Schicksalen des Buch Handels überhaupt, ohne den Wissenschaft und Kunst ein ausschliessendes Depositum zu weniger Individuen seyn würde, als dass sie erwünschte Fortschritte machen könnte, und selbst an dem Mißgeschick, dem Herrn Müllers cosmopolitische Plane am Ende ausgesetzt seyn würden, aufrichtig nehmen. Am aller wenigsten dürfen wir von der Weisheit und Gerechtigkeit E. Hohen Kirchen Raths fürchten, dass die Inhaber der jetzo bestehenden Fünf Privilegien, wenn sie auch weder die verlohrne Unterstützung wieder, noch sonst einige Begünstigung zu erhalten hoffen dürfen, doch nicht unverbürgten Speculationen eines Sechsten aufgeopfert werden würden.
Wir beharren mit der größten Verehrung
Ew. Wohlgeb. und Hochweisen
ganz ergebenst
George Friedrich Walther
Christian Gottlob Hilscher
Heinrich Gerlach
August Wagner und Christoph Arnold.

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Letzte Aktualisierung 23-Jan-2003
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