Jakob Baxa (Hrsg.), Adam Müllers Lebenszeugnisse, 2 Bde. (München,
Paderborn, Wien: Schöningh 1966), Bd. 1, 413f.
Adam Müller an Johannes v. Müller, Dresden, 21. 5. 1808
Hochwohlgebohrner Herr,
Höchstzuehrender Herr
Staatsrath!
Das durch die Hände Ew. Excellenz uns zugekommene allergnädigste Urtheil Sr. Königl.
Majestät von Westphalen dient uns in unserer dornbesäten Journalisten-Carriere zur
wahren Ermunterung. Wir wiederholen Ew. Excellenz unsern gerührtesten Dank, wohlwissend
wem einzig wir diese Gnade zu verdanken haben.
Mit weniger eigennützigen
Absichten übersende ich Ew. Excellenz das erste Heft eines andern, von meinem hiesigen
Freunde dem Major und Cammerherrn von Rühl (Erziehern des Prinzen Bernhard von Weimar)
redigirten politischen Journals, dessen Tendenz sich durch die mit dem Buchholz
hier aufgestellte Verfahrungsweise jedem rechtlichen Manne empfehlen wird. Wollen Sie um
meinetwillen die Aufsätze no. 1, 3, 4, 5, 6, 7 des zweiten Abschnitts einer Betrachtung
würdigen, so habe ich nicht umsonst geschrieben.
Würden nun Ew. Excellenz, um
des alten Wohlwollens willen, dessen Sie mich einst werth hielten, mir eine Äußerung
verzeihen, die nicht unziemlich ist, weil sie in Vertrauen und Liebe ihren Grund hat.
Die kummervolle Lage meines
Vaters und die eignen vorschreitenden Jahre nöthigen mich Dresden und einen mir geneigten
Kreis treflicher Menschen zu verlassen. Die Gunst des Publikums und die Gunst des Hofes
sind sehr verschiedene Dinge, zumal in Dresden; von einem vor 4 Jahren geschehenen Schritt
(der Glaubensveränderung) weltlichen Nutzen zu ziehn, habe ich immer verschmäht, und so
ist mir außer den Gewinn der Vorlesungen und der politisch-historischen Information des
Prinzen Bernhard, für die Unterstützung des Vaters u. s. f. kein Erwerb übrig
geblieben.
Jetzt frage ich bey aller
Welt, in Östreich, in Weimar usw. um eine akademische Anstellung an, und so möge denn
auch der liebste Wunsch, den auszusprechen ich lange Bedenken trug, Ihnen gesagt
werden. Sie sind großmüthig genug mit Liebe und Nachsicht anzuhören, dessen Gewährung
vielleicht die Umstände verweigern.
Dieser Wunsch ist nach
Göttingen gerichtet welches mich erzogen hat. Ich weiß daß ich durch die Practik der
Vorlesungen und des Unterrichts nun dazu qualificiert bin einer Akademie gute Dienste zu
thun, um so mehr da ich die schwürigere Aufgabe gelöst habe, es einem Publikum recht zu
machen, dem die Unschuld des Geistes mangelte. Historie und Staatswissenschaft oder
Philosophie wären die Fächer, in denen ich am liebsten diente, weil ich dann der
ältesten Neigung treu bliebe.
Mit weniger Hofnung, und
wohlbekannt mit der gegenwärtigen Lage <414:> der Georgia Augusta schreibe ich
diesen Wunsch nieder: vielleicht ist indeß Gewährung möglich, da es mir weniger auf
Gehalt als auf continuirliche Gelegenheit des mündlichen Unterrichtes ankömmt.
Immer ist mir das
angelegentlichste, daß Ew. Excellenz diese gehorsamste Anfrage mit Wohlwollen
hinnehmen. Warum sollte ich nicht den fragen, dessen verweigernde Antwort selbst,
(da ich ihn kenne, fast so lange ich die Muttersprache liebe), mir nur die Freude seines
liebevollen Andenkens gewähren kann. Eine baldige Entscheidung ist um deswillen mir
wichtig, weil ich mancherley minder werthe Verhältnisse angeknüpft habe und mich die
Umstände drängen.
Mit aller, unter allem
Wechsel der Dinge sich gleichbleibenden Verehrung
Ew. Excellenz
unterthänigster
Dresden, 21. May
1808 Adam H Müller
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