Jakob
Baxa (Hrsg.), Adam Müllers Lebenszeugnisse, 2 Bde.
(München, Paderborn, Wien: Schöningh 1966), Bd. 1, 364f.
Adam Müller an Johannes v. Müller, Dresden, 17. 12. 1807
Hochwohlgebohrner Herr!
Höchst zuehrender Herr Minister Staatssekretair!
Ich wage es Ew. Excellenz an ein, wenn auch nur leichtes doch hinlänglich in Wort und
That bewiesenes Gefühl des Wohlwollens zu erinnern, womit Sie mich in ehmaligen Zeiten
beehrten. Was durch die Freundschaft nur einmal im Vorübergehn berührt worden, gewinnt
eine Dauer, die alle Gewalt der Umstände nicht zerstören kann, und so vermag über das
innerliche Zutrauen gegen den Mann, dem ich die würdigsten Begeisterungen meines Lebens
verdanke und der beym ersten persönlichen Anblick in meinem Zimmer mich durch die bloße
Betrachtung, daß er nur da sey, wohlthätig und freundlich erschreckte, der Wechsel der
Dinge und ein Mißverständniß nichts. Unter den Schmerzen über <365:> die
öffentlichen Niederlagen unsrer Waffen & über die geheime, aber elendere Niederlage
unsers Charakters habe ich den Mann bewundern müssen, der Sie auf der Stelle erkannte und
dahin setzte, wohin Deutschland keinen andern wünschen kann als Sie.
So als ehemaliger Freund und als Deutscher wage
ich Sie um die Protection einer Unternehmung zu bitten die wohlgemeint und von vielen
Seiten unterstützt die Beförderung manches guten und edlen verspricht. Es erscheint
nemlich unter dem Titel Phöbus vom Januar 1808 an, in Dresden nach dem Muster der
Horen, redigirt von mir ein großes Kunstjournal, das, mit Ausschluß der practischen
Staatskunst und aller Kritik der Zeitbegebenheiten, die thätige Cultur aller Künste,
also auch der wahren historischen Künste zum Zweck hat.
Wieland, Göthe, Schiller in mehreren Posthumen, und viele
Vortrefliche der Nation sind so gut als gewonnen für die Sache. Sie, welche Ausstellungen
Sie auch gegen meine Persönlichkeit und gegen mein Wissenschaftliches Streben machen
mögen, sind zu groß und zu gut, um mir Ihren wichtigen und einzig nothwendigsten
Beystand zu entziehn. Sie schrieben mir einst, wenn auch mit aufmunternder Güte, dennoch
mit so lebhaftem Interesse daß ich darauf stolz seyn konnte, ich habe einen Gedanken
gehabt, der Leibnitzens würdig sey und so darf ich hoffen, daß Sie mir etwas
ungemeines zutrauen und die mir einst bei einer andern Gelegenheit noch nach Südpreußen
hin versprochene Nennung Ihres Nahmens (in einer Ihrer erhabenen Station angemessenen
Form) jetzt gestatten werden. Ihre Entscheidung wird mich bestimmen, ob ich um mehr bitten
darf. Das heiligste Versprechen der unbedingtsten Diskretion in Redaction des Werkes füge
ich mit Ernst hinzu.
Soll ich noch sagen, daß nach Verarmung des väterlichen Hauses für
mich alle Unterstützungen desselben ausbleiben, und daß durch die Unternehmung neben dem
höheren Zweck auch eine leichtere, ökonomische Existenz für mich gewonnen werden kann?
Ueber den Sorgen für das, was Deutschland erheben kann, unter welchen Sie jetzt leben ist
es unangemessen von den Beschwerden der geängsteten Persönlichkeit zu reden: desto
angemessener Sie um die Unterstützung einer Sache zu bitten, welche die Nation erfreuen
kann und soll.
Mit inniger Verehrung
Ew. Excellenz
unterthänigster
Adam Müller
Dresden 17.ten December 1807.
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