Wilhelm
Amann und Tobias Wangermann in Zusammenarbeit mit Roland Reuß und Peter Staengle (Hrsg.),
Kleist-Material. Katalog und Dokumentation des Georg
Minde-Pouet Nachlasses in der Amerika-Gedenkbibliothek Berlin (Basel, Frankfurt am Main:
Stroemfeld/Roter Stern 1997), 277
Friedrich Graf Stadion an Philipp Graf Stadion, Prag, 13. 9. 1809
Seit meinem letzten Vortrag an Ewr. Excellenz über die Oestreichische Zeitung sind zwei
Blätter derselben Nr. 13 und 14 eingetroffen. Allein eine neue Unterbrechung scheint
seit dem wieder eingetreten zu sein, da keine weiteren Nummern mir zu Gesicht gekommen
sind. Ich bitte Eure Excellenz anzuordnen, dass mir von der Redaktion einige Exemplare
jedes Blattes zugesendet werden, da mir solche für meine Besinnung wirklich nöthig sind.
Ich muß hier noch eine weitere Bemerkung erlauben. Seit dem die
Oestreichische Zeitung in Ofen redigiert wird, somit in jedem Fall in den hiesigen
Gegenden sehr spät eintreffen muß, ist das ganze Publicum in Böhmen und Mähren ganz
ohne Nachricht, und das Ausland daran gewöhnt, dass von unserer Seite auch gar nicht eine
Silbe gesagt wird. Die Prager Zeitung ist gegenwärtig die einzige die in dem deutschen
Theile der Monarchie erscheint. Diese aus Bedenklichkeit anzustossen, enthält sich aller
Nachrichten vom In und Auslande, höchst indifferente Vorfälle, die kaum ein local
Interesse haben, ausgenommen ....... Und die auffallendsten unwahren Artikel dieser
Zeitungen über das Inland z. B. dass der Sitz der Regierung von Prag wegen Unruhen
nach Pilsen versetzt sey, dass auf die Lieferung der Pferde in Böhmen bey Strafe 100
Stock Prügel gedrungen werde, gehen in die Welt, ohne, dass die Prager Zeitung oder
irgend eine andre etwas zur Berichtigung dazu sagt ... Und da diese ausländischen
Zeitungen es sich eigends zum Geschäft machen, die gröbsten Verunglimpfungen gegen die
K. K. Regierung, itzt während des Waffenstillstandes und der Friedensverhandlungen, zu
verbreiten, so kann die Geduld, womit diess von unserer Seite ertragen wird, keinen andern
als einen unvorteilhaften Eindruck machen, so wohl im Auslande wo diese Nachrichten
absichtlich verbreitet werden, als im Inlande selbst, wohin sie trotz des Verbots der
ausländischen Zeitungen doch nach und nach unter der Hand eindringen. Da bey wieder
anbrechenden Feindseligkeiten die Oestreichische Zeitung kaum nach Böhmen würde gelangen
können, so würde es in diesem Falle sehr nöthig seyn, die Prager Zeitung zu verwenden,
um durch sie die Nachrichten, die man bekannt machen will, so wie die Berichtigungen, die
man nöthig findet, in das Publicum zubringen. Hiedurch würde nicht allein das
inländische Publicum gehörig unterrichtet, sondern es würden solche Ansichten, die nach
dem System des K. K. Hofes sind, in das Ausland gebracht werden.
Prager Zeitung
wegen ihres nichtigen Inhalts, weder das Inland noch das Ausland interessiert, würde es
nöthig seyn, ihr schon jetzt etwas mehr Thätigkeit zu geben und zu veranlassen, dass sie
wenigstens facta, die in ausländischen Zeitungen bereit stehen, ohne Reflexionen und nur
gehörig zusammengereith, und Berichtigungen von Unwahrheiten über das Inland, im
gemässigten Tone, aufnehme.
Bey dieser Gelegenheit
erlauben mir Ewe Excellenz in Erinnerung zu bringen, dass ein gewisser von Kleist dahier
um die Erlaubnis angehalten hat ein Journal zu
schreiben. Der Herr Oberst Burggraf war nicht entgegen, und Ewe Excellenz haben bereits in
Wolkersdorf Ihr Einverständnis hiermit erklärt; In dessen ist H. von Kleist, der hier
die besten Zeugnisse für sich hat, noch keine Erlaubnis zugekommen. Im gegenwärtigen
Augenblicke möchte es vielleicht an der Zeit seyn hierüber die allehrste Entscheidung zu
veranlassen.
F. Graf Stadion
Journal] Germania
|