Wilhelm Amann, Der edle Unglückliche. Fouqué über Kleist,
in: BKB 12 (1999), 33-99; darin: 88
Fouqué an Prinzessin Marianne von Hessen-Homburg, Nennhausen
4. 11. 1822
<1v>
Und so komme ich denn nun mit heitern Herzen zur Fortsetzung meiner Kriegs-Erinnerungen.
Aber ich kann noch nicht so gleich von Dresden los. Zwar sind es nur Kleinigkeiten, die
ich nachzuerzählen habe, doch sah ich ja wohl auch in den Gemächern Eurer Hoheit
nicht nur die glänzenden, sondern auch die unscheinbareren Blumen, die Idyllen der
Pflanzenwelt huldreich gepflegt! Auf dem ehemaligen Wall, über dem Zwinger, zieht
sich ein herrlicher Baumgang hin, und ist gottlob bei aller ^sonstigen^ Zerstörung
unverletzt geblieben. Ein Springbrünnlein rieselt dort, aus grossem, steinumfaßten
Becken, und rieselte mir in den feierlichen Schatten vor nun schon neunzehn Jahren manche
erst seitdem zur deutlichen Sprache gekommne Dichtung in die Jünglingsseele, auch
wohl mache seitdem erfüllte Ahnung noch sonst. Hier saß ich jetzt wieder in sehr ernsten
Träumen, wo ich damals mit dem jetzigen General von Pfuel (in Koblenz:) und dem nun
verewigten Heinrich von
<2r >
Kleist gewandelt war. Wir Jünglinge damals, so einig und so uneinig! Wie verschieden
seitdem unsre Bahnen! Wie so ganz anders für Jeden, als wir sie damals selbst uns
dachten!
H: HSD, Sign.: StAD Abt. D 11 Nr. 24/4, Bl. 63-64 (5 Seiten, 131 Zeilen; hier:
Z. 44-63).
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