Wilhelm Amann,
Der edle Unglückliche. Fouqué
über Kleist, in: BKB 12 (1999), 33-99; darin: 49f.
Fouqué an Julius Eduard Hitzig, Nennhausen, 28. 11. 1811
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>
- am 28.
9br. 11
- Der edle Geist,
welcher unsre Erde auf eine so furchtbare Weise verlassen
hat, regt mein ganzes Innerstes auf. Ich sehne mich mehr,
als je, von Dir zu hören; der gestrige Posttag,
¿¿¿
die durch Gerüchte schon früher aufgeregte Ahnung von
Heinrich Kleists Tode mir bebt das Herz,
wie das Wort so hingeschrieben vor mir steht
bestätigend, brachte mir nichts von Dir. Um so zuversichtlicher
sehe ich nun nach der heutigen Gelegenheit aus, und lasse
meinen Brief bis zum Abend offen. Oder kämst Du gar
selbst? Oder irgendeiner der Freunde? Es wäre
jetzt zwiefache Wohltat für mich. Die beiliegenden
Zeilen entströmten mir Gestern unter heißen Thränen.
Lasse sie in eine Zeitung wenn es angeht,
in beiden Berlinern abdrucken, und hebe mir ein
Exemplar auf. Man kann ja wohl nachher das Gedicht noch,
damit eine Erinnerung an den edlen Toten weiter durch
Deutschland gehe, an die Erholungen oder in Eberhards
Saline geben, allenfalls mit der Bemerkung, daß es
schon in der Berliner Zeitung abgedruckt gewesen
sei. Vergiß nicht, mir darüber Bescheid zu ¿¿¿
sagen. Mein Roman nähert sich
seinem Ziel. Er wäre beinahe mit Kleists Leben zugleich
zu Ende gegangen. Nun brauche ich zwei Exemplare weniger
davon: für Kleist und Dippold!
Damit <50:>
<1v
>
das Trio der für uns Verlornen voll werde, tritt auch noch
Wilhelm Schneider hinzu. Weißt Du nichts
über Kleists Nachlaß? Ich meine natürlich den dichterischen.
Vielleicht heute abend noch einige Worte. Meine ganze
Seele ist betrübt. Empfiehl mich Deiner lieben Frau.
Serena grüßt. Auch sie ist unbeschreiblich ergriffen von
Heinrichs Geschick. Seltsam ist es doch mit den drei Dichtern
aus dem Kleistschen Hause. Alle so früh im Grabe, und
jeder gewissermaaßen ^durch die Todesart^ sein Zeitalter
ausdrückend. Der erste gefallen im glorreichsten
Preußischen Kriege, fromm und pflichtgetreu bis auf
das Letzte, der zweite in wüster Ausschweifung untergegangen
noch vor dem Sterben, der dritte in philosophischer
Kraft, mit edler Besonnenheit, verirrt hinabgestiegen,
einer der herrlichsten Selbstmörder, die es je gegeben
hat, nicht ohne Ahnung von Religion.
Lebe
wohl. Mit treuer Freundschaft
der
Deinige,
Fouqué Abends
Deine
innigen Worte habe ich erhalten, und
mit tröstlichem Gefühle gelesen. Von Schlegel habe ich
es ist eben nicht an ihm zu rühmen kein
Exemplar seiner Gedichte. Schicke sie mir also ja
umgehend. die Curiositäten behalte ich mit
vielem Dank. Sag doch dem mir sehr lieben
Saegemund, Loeben und ich würden ihm nächstens schreiben;
auf alle Fälle erwartete ich seinen Besuch zu Weihnachten
und sein möglichst längeres Bleiben gewiß. Vergiß
ja nicht, ihm das auszurichten. Herzliches Lebewohl!
H: BSM, Sign.: Cgm 6527,
Nr. 24.
Hitzig beantwortet den Brief am 3. 12. 1811 >> Rogge
1923, 52
beiliegenden Zeilen]
Fouqués Gedicht >> Abschied von Heinrich von
Kleist
Mein Roman]Der
Zauberring. Ein Ritterroman, 3 Theile (Nürnberg, bei
Johann Leonhard Schrag, 1812).
Dippold] Hans
Karl Dippold, den Kleist 1807 in Dresden kennengelernt
hatte, starb am 3. 9. 1811 als Professor für
Geschichte in Danzig.
Wilhelm Schneider]
Komponist aus Rathenow, in Berlin als Musiker bekannt,
starb am 17. 10. 1811.
Worte <
> erhalten]
Hitzigs Brief vom 25. 11. 1811 >> Rogge
1923, 50f.
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