Jörg Schönert

Kriminalität und Devianz in den »Berliner Abendblättern«

Heinrich v. Kleist hat in seine Texte, die der ›schönen Literatur‹ zugerechnet werden, in vielfältiger Weise Erscheinungsformen des ›abweichenden Verhaltens‹ einbezogen – er stützt sich dabei ebenso auf historische wie auf aktuelle Quellen und gestaltet Verhaltensweisen, Ereignisse und Geschichten aus einer Imagination, die sich in der Darstellung von ›Devianz‹ auf besonders produktive Weise entzündet. Wie aber geht Kleist vor, wenn er sich als ›Berichterstatter‹ zum Alltagsgeschehen in Berlin an das Aktenmaterial von täglichen ›Polizei-Rapporten‹ und an die Informationsbedürfnisse der Abonnenten seiner »Berliner Abendblätter« bindet? Welchen Ort nimmt sein ›journalistischer Umgang‹ mit Verbrechen und Vergehen im Spektrum der (vorzugsweise literarischen) Publikationen ein, die um 1800 diesem Themenbereich gelten?[1] Wie sind in den »Berliner Abendblätter« die Grenzen zwischen ›Faktum‹ und ›Fiktion‹ gezogen,[2] die für das Thema ›Kriminalität‹ in den Texten dieses Zeitraums mit vielen Versuchen zur terminologischen Markierung und zu Vorgaben für die Organisation der Darstellung angelegt und zugleich wiederholt in Frage gestellt werden?

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, sollen in den beiden ersten Teilen meines Beitrags zunächst Typen der Wahrnehmung und Darstellung von Kriminalität (als eines exemplarischen Musters des ›abweichenden Verhaltens‹) im Schrifttum um 1800 und in der besonderen Konstellation der »Berliner Abendblätter« kurz beschrieben werden. Im ausführlicheren dritten Teil skizziere ich eine typologisierende Bilanz zur Organisation und Funktion der Berichterstattung zu Kriminalität und Devianz in den »Abendblättern«.

1.

In der strafrechtlichen Praxis war Kriminalität seit jeher das Ergebnis von Texten – das Produkt von entsprechenden Zuschreibungen in Steckbriefen, Polizeiberichten, Verhörprotokollen, Relationen, von schriftlichen Plädoyers und von Urteilen, die in Schriftform ergehen.[3] Diese Textualität des Erfahrungszusammenhangs von Kriminalität wird in einem Fachbegriff verdeutlicht, dem in den kriminologischen Diskussionen der letzten 30 Jahre eine wichtige Rolle zukommt. Es ist der Begriff ›Zuschreibung‹: Verbrechen und Schuld werden von den Institutionen der Strafrechtspflege und ihren Akteuren einzelnen Personen zugeschrieben; sie werden mit deren Existenz durch Schreibakte, durch Textualisierungen von Ereignissen und Handlungsfolgen verbunden.

Die Vermittlung solcher Zuschreibungen in eine Öffentlichkeit, die über die Rechtsinstitutionen hinausreicht, vollzog sich bis in das frühe 19. Jahrhundert im ritualisierten Geschehen des Straftheaters. Aber auch diese Aktionen zur Demonstration der Strafmacht staatlicher und kirchlicher Instanzen zum Aufrechterhalten der ›Ordnung‹ waren begleitet von Texten der sog. Schafott-Literatur und den nachfolgenden Bänkelliedern und Moritaten, den Schuldbekenntnissen der Delinquenten, den Berichten über ihr Ende und die ihm vorausgegangene ›kriminelle Karriere‹ oder den Darstellungen zum Bandenwesen.[4] Im Zuge der Strafrechtsreformen, die im ausgehenden 18. Jahrhundert einsetzten, und im Zusammenwirken mit der sog. Ersten Lese-Revolution im letzten Drittel des Jahrhunderts werden die öffentlichen Aktionen des Straftheaters eingeschränkt und die Textualisierungen des strafrechtlichen Geschehens ausgeweitet.[5] Verbrechens- und Prozeßberichte in den Zeitungen, kommentierte Veröffentlichungen von Strafprozeßakten, Fallgeschichten für Experten und Laien nach dem Muster des »Pitaval«[6] oder der »Merkwürdigen Criminal-Rechtsfälle« von Feuerbach (1808-1811 erschienen), die neu entstehenden Genres der Kriminalgeschichten,[7] die auf ›Authentizität‹ setzen, und der Räuberromane, die durch Abenteuer und Sensationen bestimmt sind – alle diese Texttypen und Genres bilden die ›Textwelt‹ für Verbrechen und Devianz,[8] in der sich Grenzen zwischen ›fiction‹ und ›non-fiction‹ nur schwer ziehen lassen. Zwischen authentischem Bericht und Aktenmäßigkeit auf der einen Seite sowie erfindungsreicher Fortschreibung des Authentischen und phantasievoller Weiterverarbeitung von bereits vorliegenden Texten, Stoffen und Motiv-Traditionen auf der anderen Seite entfaltet sich ein breites Spektrum von Texten,[9] die den Wahrnehmungs- und Deutungszusammenhang von ›Kriminalität‹ öffentlich gestalten und vermitteln. Genau dieser Befund kennzeichnet auch die »Berliner Abendblätter«.

In der Regel sind um 1800 die Publikationen zu Kriminalität den einzelnen Sektoren der umrissenen Textwelt zuzuordnen, wobei auch innerhalb der erfolgreichen Sammelwerke – wie in den zahlreichen »Museen« und »Magazinen«[10] – die Unterscheidungen zwischen ›fiction‹ und ›non-fiction‹ nicht markiert werden. Ein signifikantes Beispiel bietet v. Endters »Sammlung merkwürdiger Rechtsfälle aus dem Gebiet des peinlichen Rechts. Ein Lesebuch für Juristen und Nichtjuristen«, 1794 in Nürnberg veröffentlicht. Endter eröffnet die Sammlung mit Schillers »Verbrecher aus Infamie«; er stellt die Erzählung neben die Bearbeitungen von Gerichtsakten und nimmt zudem Kriminalgeschichten von Meißner und Müchler auf.

Charakteristisch für einen Großteil der hier angesprochenen Texte ist, daß sie die Darstellung des Verbrechens (als eines punktuellen Geschehens) mit dem Bericht über die vorausliegende oder die nachfolgende Phase (oder mit beiden Phasen) verbinden.[11] Dabei war zu ergründen und darzustellen, wie und warum es zur Abweichung von der ›Normalität‹ und zur Untat kam.[12] Zum anderen war darzulegen, wie die kriminelle Störung der Ordnung einem Individuum, dem Täter oder der Täterin, zugerechnet werden konnte und wie im ›gerechten Ausgleich‹ zwischen Schuld und Strafe die Ordnung wiederhergestellt wurde. Für diesen Ausgleich konnten in den Textualisierungen solcher Handlungszusammenhänge der reuige Täter selbst (mit Geständnis und Annahme der Strafe), der Zufall oder die metaphysische Instanz des Schicksals sorgen.

Die ›Ordnungen‹ vermittelnden Diskurse für Darstellungen der Phase, die dem Verbrechen vorauslag, werden insbesondere im Bereich der Moralphilosophie, der Anthropologie und der Erfahrungsseelenkunde ausgebildet; für die Phase, die dem Verbrechen folgte, ist die populärwissenschaftliche Rechtsliteratur (mit Pitaval-Erzählungen und Kriminalgeschichten) zuständig.

2.

In den »Berliner Abendblättern« sind die polizeilichen Mitteilungen und viele weitere Texte, die sich auf Kriminalität beziehen, dadurch gekennzeichnet, daß sie sich auf das Faktum der Tat, auf das Ergebnis beschränken. Dabei vermitteln die Auswertungen der amtlichen Berliner Polizei-Rapporte, die Kleist in Auszügen vorlagen, Kriminalität in ›professioneller‹ Weise; sie orientieren das Erzählen am ›Tatbestand‹. Demgegen¸ber sind die kurzen Erzählungen und Anekdoten zu Kriminalität und Devianz am Leser-Interesse für das Merkwürdige, Überraschende, Unerhörte und Außerordentliche ausgerichtet.[13] In diesem Bereich wird nur im eingeschränkten Maße der Wahrnehmungs- und Deutungskompetenz von Moralphilosophie, Anthropologie und Erfahrungsseelenkunde zugearbeitet und noch weniger dem Wissen über Polizeiarbeit und Strafrechtspflege. Vor allem auf spektakuläre Aktionen (und die dadurch ausgelösten Affekte) beziehen sich – so erscheint es mir – diese Texttypen der Darstellung von Kriminalität. Das in den »Abendblättern« weithin geltende Interesse an der Performanz des Geschehens[14] kennzeichnet Kleists ›journalistischen Blick‹ auf Kriminalität.

In den Erklärungen des Redakteurs zu den Mitteilungen aus den Polizei-Rapporten wird auf die Leitbegriffe in der zeitgenössischen Unterscheidung von Diskursen im Sinne des Authentischen und Abenteuerlichen rekurriert. »Merkwürdiges und Interessantes« (also nicht Sensationelles und Abenteuerliches)[15] solle im »ausführlichen und glaubwürdigen Bericht«[16] und zugleich unterhaltend[17] vermittelt werden. Dem Gerücht und der sensationell aufgebauschten Information werde durch aktuelle und authentische Beiträge begegnet – durch Beiträge, die ihre Authentizität aus der Nähe des Textes zum professionellen Handeln in der Bekämpfung des Verbrechens herleiten.[18] Dadurch war den Bürgern Berlins zu vermitteln, daß ihre Sicherheit gerade wegen der Risiken des Lebens in einer sich modernisierenden Großstadt den Behörden als schutzwürdig gilt; darüber hinaus sollten sie durch gezielte Informationen und Erweiterungen ihres Wissens über Verbrechen und Verbrechensbekämpfung selbst dazu beitragen, Verbrechen zu verhindern oder zu verfolgen.[19] Diese Funktionen gelten jedoch nur für den Textbereich der Polizei-Rapporte. Sie rechtfertigen, daß die Berichte der Polizeiverwaltung Berlins an ›die Regierung der königlichen Majestät‹ in den »Berliner Abendblättern« veröffentlicht werden – wenn auch nur in Auszügen und unter besonderen Perspektiven ihrer öffentlichen und insbesondere sozialpolitischen Wirksamkeit. Die Berliner Polizei erscheint im Lichte der veröffentlichten Auszüge aus den Rapporten nicht als Überwachungs- und Kontrollorgan für die Bürger der Stadt, sondern (›neudeutsch‹ formuliert) als Kompagnon einer Sicherheitspartnerschaft zugunsten des Gemeinwohls.[20]

Für eine genauere Beschreibung der Auswahl-Strategien wären die jeweiligen Auszüge in den »Abendblättern« mit den noch erhaltenen vollständigen Rapporten der Tages- und Wochenberichte zu vergleichen; zudem wäre eine Text- und Funktionen-Analyse für die Gesamtheit der Polizei-Rapporte zu leisten und ihre Rolle in der Polizeigeschichte Preußens und der deutschsprachigen Staaten zu bestimmen; auch ein Vergleich mit den Berichten anderer Polizeipräsidien wäre – so weit ich es sehen kann – noch auszuführen. Erst vor diesem Hintergrund ließen sich die Auswahlentscheidungen für die »Berliner Abendblätter« genauer erörtern – sowohl in Hinsicht auf die Auswahl, die der Polizeipräsident v. Gruner bei der Weitergabe an die »Abendblätter« trifft, als auch im Blick auf die Bearbeitungen, die Kleist bei den erhaltenen Texten vornimmt. Eine weitere Perspektive ließe sich eröffnen, wenn man das häufigere Verfahren der Freigabe und Bearbeitung von Prozeß-Akten für Veröffentlichungen nach dem Texttyp der »Kriminalfälle« vergleichend untersuchte.

Gegenüber dem Umgang mit den Gerichtsakten ergibt sich für die Darstellung von Kriminalität in den Polizei-Mitteilungen vielfach eine wichtige Differenz: Im Gegensatz zum abgeschlossenen Kriminalfall sind die fortlaufenden Polizeiberichte durch eine ›offene Situation‹ gekennzeichnet – durch Kontingenz gegenüber der Struktur, die durch die juristisch geregelte Bearbeitung der ›relationes‹ entsteht; es dominieren gleichsam die Signifikanten gegenüber den Signifikaten, die Ereignisse gegenüber der (sinnbesetzten) Organisation einer Fallgeschichte. Die Leser der »Berliner Abendblätter« werden – auch durch ihre räumliche und zeitliche Nähe zum Geschehen – zu ›gleichberechtigten Mitspielern‹ im Wahrnehmen und Bewerten der Devianz.[21]

3.

Auf die Polizei-Rapporte der »Berliner Abendblätter« konzentriere ich mich nun im ausführlicheren Teil meines Beitrags. Zunächst eine kurze Bemerkung zur Konzeption der regelmäßigen Berichte des Polizeipräsidiums. Sie sind unterzeichnet vom Polizeipräsidenten,[22] der sich auf die Protokolle und Auskünfte seiner Mitarbeiter stützte. Zu unterscheiden sind die Tagesberichte und die zusammenfassenden Wochenberichte.

Die täglichen Protokolle haben im wesentlichen folgende Rubriken: Unglücksfälle – Verbrechen – Exzesse – Arrestanten – Getreide- und Marktverkehr (dabei werden insbesondere die verwendeten Maße und Gewichte überprüft, zudem Produkte – vor allem Brote – nachgewogen) – Notifikation der Reisenden, die in Berlin ankommen oder Berlin verlassen, ferner die abschließende Rubrik »Besonders zu vermerken«. Nicht alle diese Rubriken sind in jedem Tagesbericht ausgeführt. In den Forschungen zu den »Berliner Abendblättern« gilt, daß Kleist die Protokolle nur in Auszügen erhielt, daß also die Behörde die Menge und Art der Informationen, die zu veröffentlichen waren, steuern konnte (so findet sich auch bei der Durchsicht der noch erhaltenen Rapporte manches Material, das Kleist wohl gerne genutzt hätte). Das mehrfach bemerkte Banalisieren und schließliche Versiegen der polizeilichen Informationen im Verlauf der kurzen Geschichte der »Abendblätter«[23] äußert sich darin, daß mehr und mehr die Meldungen zu Unglücksfällen, Bränden (aber nicht zu Brandstiftungen), zu Vagabondage, Diebstählen und betrügerischer Marktpraxis (zu falschen Maßen und unzureichendem Gewicht) dominieren, also nur der Alltag von Unglücksfällen und Kleinkriminalität sichtbar wird. Im Polizeipräsidium werden die Tagesberichte dann zu wöchentlichen Rapports zusammengefaßt, bearbeitet und ergänzt. Dort finden sich folgende Rubriken: (I) Witterungsberichte – (II) Wasserstände der Spree – (III) Bevölkerungsstatistik (Geburten/Sterbefälle) und Aussagen zum Gesundheitszustand der Bevölkerung – (IV) »Feuers Gefahr« (Brände) – (V) Verbrechen – (VI) Exzesse – (VII) Arrestanten – (VIII) Getreide- und Lebensmittelpreise – (IX) »Schauspiel« (Vorkommnisse bei öffentlichen Theateraufführungen) – (X) Reisende (Zu- und Abgang in Berlin) – (XI) Staatspapiere/Anleihen – (XII) Besondere Ereignisse.

Wie Kleist bei seiner Redaktion der Texte und weiteren Bearbeitungen im einzelnen vorging, ist im Beitrag von Roland Reuß dargestellt. Hier sei nur eine generalisierende Beschreibung der Erörterung einzelner Textgruppen und Textfolgen vorausgeschickt. Am Wortlaut der Behörden-Texte ändert Kleist in der Regel nur wenig. Deshalb sollte besondere Aufmerksamkeit der Auswahl aus den vorgelegten Texten und dem Arrangement der Berichte gelten. In diesem Sinne konzentriere ich meine Ausführungen auf Beispiele zur Verknüpfung von Meldungen und Erzählungen und den Verweisungszusammenhang von Themen und Motiven (in Quer-, Voraus- und Rückverweisen).[24] Zunächst komme ich zum Arrangement des Brandstiftungsfalles, zu dem erste Berichte im Extrablatt zur ersten Nummer der »Berliner Abendblätter« gebracht werden. Kleist dramatisiert das Geschehen im Verlauf der Fortsetzungen als »Mordbrennerei« (BKA II/7, 36), doch ist von Mord und Totschlag von Menschen nicht die Rede. Die Brände wurden gelegt, um die Situation der Löscharbeiten für Diebstähle auszunutzen; hierauf konzentrierte sich das gut organisierte Zusammenspiel der Bande. In der Nummernfolge der »Abendblätter« werden die Informationen in der Weise mitgeteilt, daß sich der Verbrechens- und Bedrohungszusammenhang ›organisierte Brandstiftung‹ erst nach und nach erweist. Die Neugier und die Beunruhigung der Leser werden durch die ›zerstreuten‹ Meldungen gleichsam an unterschiedlichen Stellen des öffentlichen Interesses angezündet, bis dann – durch diese ›(Informations-)Brandstifterei‹ – alles in einem ›großen Feuer‹ von Verunsicherung und Angst ›in Flammen steht‹. Weniger bildlich gesprochen und mit den Kategorien des Dramas formuliert: die Spannung wird in drei Schritten der Information so aufgebaut, daß sich die Informationsvergabe in ›drei Aufzüge‹ gliedern läßt.

(I) Am 1. 10. 1810 wird auf Ereignisse der vorausgegangenen Tage zurückgeblickt: Brand in Steglitz am 28. 9., Brand in der Dresdner Straße am 29. 9., Brände im Dorf Alt-Schönberg am 30. 9.; erst die letzte Information wird mit der Vermutung ›Brandstiftung‹ abgeschlossen. Damit ist der Informationsstand des Erscheinungstages erreicht – in der räumlichen und zeitlichen Nähe zum Berichteten. Das kriminelle Geschehen und seine ›Textualisierung‹ sind nahezu synchronisiert: in der zurückliegenden Nacht habe es noch weitere zwei Male gebrannt – innerhalb der Stadt Berlin (in der neuen Königsstraße) und außerhalb («angeblich«, wie es heißt, in Friedrichsfelde). Und dann folgt – aus Gruners Rapport übernommen – die dramatische Zuspitzung: bei der Niederschrift des Tagesberichts um 10 Uhr brenne »in diesem Augenblick« in Lichtenberg ein Bauernhof (BKA II/7, 12). Dazu tritt die weitere Information, daß außerhalb der Zuständigkeit der Berliner Polizei, aber im Blickfeld der Wachhabenden auf den Statdttürmen, drei Brände in verschiedenen Gegenden gesichtet worden seien.

In die beunruhigende Wirkung dieser Berichte wird – schon von Gruner – zugleich die beschwichtigende Meldung von ersten Erfolgen der Polizeiarbeit einbezogen. Wie sich der Polizeipräsident mit Hinweis auf die Effizienz der Institution an seinen Dienstherrn und König wendet, so dämpft auch Kleist als Redakteur mit einem Klammerzusatz zum behördlichen Text die Beunruhigung seiner Leserschaft: Sobald die Redaktion von der Polizei unterrichtet würde, daß man den Brandstiftern auf der Spur sei, werde die Nachricht an die Leser weitergegeben.[25]

(II) Im ›2. Akt‹ des Feuer-Dramas, im Polizei-Rapport vom 2. 10. 1810, wird der Verdacht auf Brandstiftung erhärtet, werden erste Indizien für das Vorgehen der Brandstifter präsentiert. Beruhigend wirkt, daß durch die Mitarbeit der Bürger Berlins (beim Entdecken eines leicht entzündlichen Präparats) ein weiterer Brand an der Ecke Junker- und Lindenstraße verhindert wurde.

(III) Der ›3. Akt‹ der Informationspolitik der »Berliner Abendblätter« vom 3. 10. 1810 steigert die Bedrohung für die Bürger Berlins und reduziert zugleich die Beunruhigung durch den Hinweis auf die effektive Arbeit der Polizei. Nach einem aufgefundenen Brief sollte Berlin binnen kurzem an acht Stellen der Stadt angezündet werden. Doch wird dadurch die Wachsamkeit der Polizei nur noch mehr herausgefordert – und die Festnahme, die bereits zwei Tage zuvor (am 1. 10.) gemeldet worden war, verspricht in der Untersuchung gegen den Verdächtigen Erkenntnisse, die »ein für das Publicum beruhigendes Resultat« (BKA II/7, 20) erzielen können.

Diesem dreiaktigen Informationen-Drama mit Spiel und Gegenspiel, Beunruhigung und Beschwichtigung, folgt nun ein dreigliedriger ›Epilog‹, bis der Sonntag die tägliche Erscheinungsfolge der »Abendblätter« unterbricht. Am 4. 10. 1810 wird die kolportierte Äußerung eines Deserteurs – »er sei auf eine Bande Mordbrenner gestoßen« (BKA II/7, 24) – als Erfindung enthüllt; die Erfahrung gesteigerter Bedrohung wird erst einmal suspendiert. Tags darauf, am 5. 10. 1810, liefern die »Abendblätter« in der Rubrik »Tagesbegebenheiten« ein Nachspiel zum Brand in Lichtenberg am 1. 10.: die Nachricht zu einem Diebstahl, der den Transport eines Löschgeräts beeinträchtigte.

Der dritte Teil des Epilogs vom 6. 10. 1810 trägt dann die Züge eines Possenspiels und schließt zugleich, ganz nebenbei, eine wichtige Information ein: der zuvor mehrmals erwähnte Verhaftete sei wegen Mordbrennerei angeschuldigt und nenne sich Schwarz (sein eigentlicher Name ist freilich – so erfährt man später – Horst). Im Mittelpunkt der Nachricht steht das Gerücht, daß sich dieser Verdächtige in der Haft erhängt habe; ein Schulmeister schlägt vor, den Leichnam des nunmehr ungefährlichen Banditen gegen Geld zur Schau zu stellen, um die Einnahmen den von der Brandstiftung Geschädigten in Schönberg und Steglitz zukommen zu lassen.

Mit Beginn der neuen Woche, am 8. 10. 1810, wird in einem Extrablatt zum siebten Blatt in der Rubrik »Polizeiliche Tages-Mittheilungen« die vorausgegangene dramatisch vergegenwärtigende Strategie der Information durch die narratio eines vieles wissenden Erzählers abgelöst: Er verfügt – wie der Polizeipräsident – über die Informationen zu den Begleitumständen bei der polizeilichen Untersuchung gegen den »Delinquenten Schwarz« und über die Ergebnisse der Ermittlungen gegen die »Mordbrenner-Bande« (BKA II/7, 41). Nun wird im Stil der Aufklärungen über das Vorgehen von Räuberbanden berichtet – so wie in den zahlreichen Veröffentlichungen um 1800 (man denke an Abels Bericht über Friedrich Schwan und seine Komplizen von 1787, an die Veröffentlichungen zum Schinderhannes-Prozeß im »Frankfurter Staats-Ristretto« 1802 oder an Pfisters »Aktenmäßige Geschichten der Räuberbanden« von 1812). Die Gefährlichkeit der wohlorganisierten Brandstifter- und Räuberbande wird nachdrücklich herausgestellt, doch gilt mit dem Ergreifen des angeblichen Schwarz ihre Aktivität als gebrochen – zumal auch die Arbeit der Polizei immer mehr Erfolge bringt.

In einem Klammerzusatz zu diesem umfassenden Bericht kündigt Kleist weitere Informationen zu der »Rotte« der Brandstifter, Diebe und Gewalttäter an (BKA II/7, 42), doch hat er solche publikumswirksamen Mitteilungen von Gruner wohl nicht mehr erhalten.[26] Die dichte Vernetzung der Nachrichten zur Brandstiftung in und um Berlin wird aufgelöst; es folgen nur noch versprengte Informationen – zumeist ohne die Autorität der Polizei-Rapporte. Der erste Nachtrag bezieht sich am Folgetag, dem 9. 10. 1810, unter der Rubrik »Stadt-Gerücht« auf die Räuberbraut Louise – auf eine der abenteuerlichen Frauenfiguren, die in den Berichten zu den Banden von Schwan bis Schinderhannes eine besondere Rolle spielten. Es handelt sich hier um Christine Delitz, die 1813 mit Horst (alias Schwarz) in Berlin auf dem Scheiterhaufen hingerichtet wurde.

Am 15. 10. 1810 ist nun nicht mehr vom Brandstifter Schwarz, sondern von Horst die Rede, der einen Verdächtigen nicht als Mitglied seiner Bande erkannte. Am 20. 10. 1810 erfahren die Leser der »Abendblätter«, daß Mitarbeiter der Berliner Polizei außerhalb der Stadt ermittelten und einen »mutmaßlichen Komplicen« von Horst samt seiner Geliebten nach Berlin transportieren ließen (BKA II/7, 96f.). Die folgende Ausgabe, vom 22. 10. 1810, bestätigt den Verdacht: Horst habe den Mann identifiziert. Am 27. 10. 1810 wird unter »Miscellen« noch einmal auf vermutliche Brandstiftungen und neue Aktivitäten von Brandstiftern hingewiesen (BKA II/7, 127).

Mit diesen verstreuten Meldungen reißt die Berichterstattung zur sog. Mordbrenner-Bande ab,[27] daran wird erst unter veränderten Vorzeichen im zweiten Quartal der »Berliner Abendblätter« wieder angeknüpft (vgl. BKA II/8, Berliner Abendblätter 2, 34f.): in der kurzen Erzählung zu einem Kriminalfall, der weit weniger Aktualität und räumliche Nähe beanspruchen kann und vom ›guten Ende‹ her geordnet ist. Am Kriminalgericht Rouen wurde 1808 die Todesstrafe gegen einen Mann verhängt, der sich – so die Überschrift – »unerhörter Mordbrennerei« schuldig gemacht und Brände mit einer selbst erfundenen Zündmaschine gelegt hatte.

Der Sonderfall ›Bedrohung durch organisierte Brandstiftung‹ wird im Fortgang der »Abendblätter« ersetzt durch die alltäglichen Bedrohungen der Kleinkriminalität und der Betrügereien im Warenverkehr;[28] Diebstahl und Gaunerei erscheinen dabei als charakteristische Delikte für die Angehörigen der Unterschichten, insbesondere die Dienstboten. Eine zeitspezifische Bedrohung der persönlichen Sicherheit und körperlichen Unversehrtheit haben wohl Ausweitung und Beschleunigung des Kutschenverkehrs in Berlin dargestellt. Hierzu hat Kleist offenkundig die Informationen aus den amtlichen Mitteilungen erhalten. Opfer der Unfälle, die durch Unachtsamkeit oder zu schnelles Fahren verursacht wurden, sind Erwachsene ebenso wie Kinder. Dabei bewähren sich – so wird durch die Berichterstattung nahegelegt – die Aufmerksamkeit und die Hilfeleistungen der Berliner Bürger für die Opfer solcher Verkehrsunfälle, die – wie ein Jahrhundert später die Autounfälle – als Tribut an die Modernisierung des Verkehrswesens erscheinen. Herausgehoben wird, wenn Ärzte oder Soldaten, die zufällig am Unfallort anwesend waren, die Unfallopfer versorgten oder ihnen beistanden.

Solche Handlungen, die aus der Sicht der Polizei als beispielhaft gelten, stellt Kleist jedoch mit einer ironischen Erweiterung einer Unfallnachricht in Frage. Im siebten Blatt vom 8. 10. 1810 wird berichtet, daß ein Arbeitsmann, dessen Name noch nicht »angezeigt ist« (BKA II/7, 40), von dem Kutscher eines Mediziners, des Professors Grapengießer, überfahren wurde, doch bestünde keine Lebensgefahr. Zum Ende der Woche, im Blatt vom 13. 10. 1810, wird dann der Name des Unfallopfers – Beyer heißt der Überfahrene – genannt und von seiner Untersuchung in der Charité berichtet. An ihr hätte, so wird erklärt, der Verfasser des Textes («Charité-Vorfall«, BKA II/7, 63) selbst teilgenommen. Dabei ergab sich, so der Bericht, daß der Arbeitsmann innerhalb von 14 Jahren bereits zum vierten Mal von Kutschen eines Mediziners überfahren und verstümmelt worden war. Der körperliche Zustand des mehrfachen Unfallopfers wird in einem grotesken Erscheinungsbild beschrieben, und seine Erzählungen von der wiederholten Verstümmelung durch Mediziner-Kutschen lassen ob ihrer Spaßhaftigkeit sogar die todkranken Mitpatienten lachen. Mit einer Pointe schließt »der Berichterstatter«: Der Zustand des Überfahrenen bessere sich durch die medizinische Versorgung in der Charité, und wenn Beyer sich auf den Straßen Berlins vor den Doktoren in acht nähme, könne er noch lange leben.[29]

Was in diesem Weiterführen der polizeilichen Nachricht als Strategie der Komisierung charakterisiert werden kann, hat in der Anordnung des vielfach heterogenen Materials der »Polizeilichen Tages-Mittheilungen« ein Gegenstück. Erst aus der Erfahrung mit dem Reihungsstil und der Simultanperspektive expressionistischer Großstadt-Lyrik im Stil von Alfred Lichtenstein oder Jakob van Hoddis wird der grotesk-komische Zusammenhang deutlich: Die »Polizeilichen Tages-Mittheilungen« vom 18. 10. 1810 mögen als Beispiel dienen:[30]

Ein Kaufmanns-Lehrling hat sich, nachdem er auf den Namen seines Prinzipals in einem andern Comtoir 100 Thlr. aufgenommen, heimlich aus dessen Dienst entfernt.

Eine Tagelöhnerfrau hat bei einer Wittwe durch Eröffnung eines Vorhänge-Schlosses verschiedene Wäsche gestohlen.

Auf dem Neuen Markt ist einem fremden Obsthändler ein abgenutztes Gemäß zernichtet, und ein ungestempeltes mit Einziehung der gesetzlichen Strafe von 2 Thlr. in Beschlag genommen.

Ein Weinhändler ist gestern früh in seinem Keller erhenkt gefunden. (BKA II/7, 86)

Etwa so ließe sich Kleists Polizei-Rapport ›expressionistisch verfremden‹:

Berliner Oktober

Ein junger Mensch betrügt mit List den reichen Herrn,

die Frau des Arbeitsmanns zieht Linnen aus erbroch’nem Schrank,

der Polizist zerschlägt ein falsches Maß dem Markt,

im Keller seines Weins erhenkt sich der Patron.

Kleists ›Montage‹ der vorgefertigten Polizeinachrichten erinnert auch deshalb an die Struktur expressionistischer Lyrik, weil nur die Tatbestände festgehalten werden, die persönlichen Umstände und die Motivation der Handelnden jedoch keine Rolle spielen; hierfür ist nicht die Polizei, sondern das Gericht zuständig. Lediglich bei den wiederholt berichteten Selbstmorden wird lakonisch mitgeteilt, was die Ursache solcher ›Devianz‹ gewesen sein könnte (beispielsweise Melancholie und Depression oder finanzielle Not).

Nur in wenigen Fällen führt Kleist die berichteten Kriminalfälle weiter bis zur gerichtlichen Verhandlung und Bestrafung, um damit dem Muster der Fallgeschichten zu folgen, die in den Sammlungen für Juristen und Laien seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert ein starkes Publikumsinteresse fanden. Zu solchen Ausnahmen gehört die Meldung über den Ulan, der den Soldaten, der ihn arretieren sollte, durch Schüsse aus seiner Pistole tötete. Der nüchternen Meldung im Extrablatt zum 14. Blatt folgt im 33. Blatt vom 7. 11. 1810 – also drei Wochen später – der dramatische Bericht über den Vorfallin Verbindung mit der Nachricht über die Hinrichtung.[31] Auf Anweisung des Königs wurde mit dem Urteil nicht gesäumt und die Tat wider Recht und militärische Ordnung mit dem grausamen Tod auf dem Rad gesühnt.[32]

Einen anderen Typus der Bearbeitung von Mitteilungen der Polizei-Rapporte stellt die Erweiterung der Meldung zur pointierenden Erzählung der Anekdote dar. Das Musterbeispiel hierfür bietet die kurze Erzählung, die sich unter der Rubrik »Tagesbegebenheiten« bereits im zweiten Blatt vom 2. 10. 1810 findet. Der Polizei-Rapport vom 30. 9. 1810 hatte gemeldet, daß der Arbeitsmann Brietz, der beim Gewitter unter einem Baum Schutz gesucht hatte, von einem Blitz erschlagen wurde. Kleist ergänzt – aus welcher Quelle auch immer informiert – , daß das impertinente Auftreten des Arbeiters gegenüber einem Offizier, dem Capitain v. Bürger, jenem das Leben rettete, weil Brietz ihn aus dem Schutz des Baumes, den er sich gewählt hatte, verwies (BKA II/7, 16).[33]

Solchen pointierten Berichten stehen am Ende des Jahres 1810 »Polizeiliche Tages-Mittheilungen« gegenüber, die sich auf die amtlichen Aufzeichnungen beziehen, indem sie einem Vorfall unverhältnismäßig viel Raum geben (vgl. beispielsweise BKA II/7, 260f.; 292, mit Fortsetzung 308; 340). Es handelt sich hierbei um ein bloßes Erweitern der Informationen, nicht jedoch um eine besondere formale Organisation oder thematische Akzentuierung der Nachricht. Insgesamt gesehen finden sich Kriminalität und Devianz in den unterschiedlichen Rubriken und Zuordnungen von »Polizei-Rapport« und »Polizeilichen Tages-Mittheilungen«, »Tragischen Vorfällen«, »Tagesbegebenheiten«, »Gerüchten«, »Stadt-Gerüchten«, »Miscellen«, »Anekdoten«, »Geschichten« und – selten – im »Bulletin der öffentlichen Blätter«.

Am 25. 1. 1811 erschien die letzte der Veröffentlichungen aus den Mitteilungen der Polizei; sie waren im zweiten Quartal der »Berliner Abendblätter« vom Ende des Blattes an seinen Anfang gerückt. Damit war Kleists Projekt einer Berichterstattung, die sich zeitlich und räumlich nahe zum Berichteten bewegt, war sein Versuch einer ›modern‹-aktuellen Textualisierung des Geschehens von Kriminalität und Devianz gescheitert. Die Darstellung dieser Gegenstände folgt danach ausschließlich den Mustern, die im ausgehenden 18. Jahrhundert entwickelt wurden: in Orientierung am Merkwürdigen und Sensationellen, am Unerhörten und Wunderbaren. Sie bedient damit Leserinteressen, die sich noch vor ›aufklärend-wissensvermittelnden‹ Projekten formiert haben, wie etwa das »Museum des Wundervollen oder Magazin des Außerordentlichen in der Natur, der Kunst und im Menschenleben«,[34] das Kleist unter anderen Quellenwerken benutzte.

Bei der Bearbeitung von Vorlagen aus anderen Publikationen, die im zweiten Quartal der »Abendblätter« hauptsächlich für den Gegenstandsbereich ›Kriminalität und Devianz‹ herangezogen werden, kommt es noch zu bemerkenswerten Entscheidungen und Gestaltungen Kleists – beispielsweise in der kurzen Erzählung zu außergewöhnlicher »Mutterliebe«, die zu einem ›Zweikampf‹ von Mensch und Tier führt (BKA II/8, 39): Eine Mutter, der ein toller Hund ihre Kinder getötet hatte, rächt sich an dem Tier, indem sie es umklammert und erdrosselt, dabei aber selbst – von den Bissen des Tieres zerfleischt – zusammenbricht und an Tollwut stirbt.

Als literarisch-journalistisches Experiment im Vorgriff auf eigene Handlungen ließe sich auch Kleists wiederholtes Interesse an der Darstellung der Selbsttötung zweier Liebender verstehen (BKA II/7, 202, unter »Miscellen« und BKA II/8, 28f., »Mord aus Liebe«). Andere Bearbeitungen fremder Vorlagen unter den Gesichtspunkten von Merkwürdigem, Unerhörtem und Wunderbarem[35] folgen tradierten Organisationsformen – wie etwa »Das weibliche Ungeheuer« (BKA II/8, 168-170), »Gaunerstreich« (BKA II/, 229f., ferner »Gaunerei«, ebd., 265 u. 270f.) oder »Räubergeschichte« (BKA II/8, 125f.). Als weitere Option im Spektrum der publikumswirksamen Genres werden die Gespenstergeschichte bzw. die Erzählung einer Geistererscheinung genutzt (z. B. der Text »Geistererscheinung«, BKA II/8, 317-319, 326-328, 332f.).[36]

Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Im Sinne versäumter oder vereitelter Möglichkeiten zu einer frühen ›Modernisierung‹ publizistischer Konstruktion von ›Öffentlichkeit‹ im Umgang mit Kriminalität mag man es bedauern, daß sich Kleists Projekt der »Berliner Abendblätter« um 1810 nicht durchzusetzen vermochte. Erst gut dreißig Jahre später (1842ff.) konnten Julius Eduard Hitzig und Willibald Alexis mit ihrem »Neuen Pitaval« ein ganz anders angelegtes Unternehmen als höchst erfolgreiche Publikation etablieren. Als Ironie des ›literarischen Schicksals‹ kann dabei gelten, daß Hitzig, der sich Ende 1810 mit Kleist wegen der »Berliner Abendblätter« überworfen hatte, mit einem Konzept des Erzählens von abgeschlossenen Kriminalfällen (vielfach aus zeitlicher und räumlicher Distanz) Erfolg hatte,[37] das Kleist mit seinen Vorgaben für die »Abendblätter« zunächst verworfen und durch ›Aktualität‹ und ›Präsenz am Ort des Geschehens‹ ersetzt hatte.