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Trüb dahinschleichende Buchstaben Was man aus des Dichters Unterschrift alles schließen kann Eines der lehrreichsten und gedankenärmsten (gestählte Tagungstouristen würden wohl sagen: verdienstvollsten) Fachbücher des 19. Jahrhunderts ist Adolf Henzes Buch: »Die Handschriften der deutschen Dichter und Dichterinnen mit 305 Facsimiles, kurzen Biographien und Schrift-Charakteristiken«, das 1855 in Leipzig erschien.
Anläßlich der Unterschrift seiner Dichter und Dichterinnen, meine Herren und Damen, gibt Henze jeweils eine kurze Biographie, und es gelingt ihm sodann die wahrhaft divinatorische Operation, ebendiese Biographie kondensiert in der Unterschrift wiederzufinden. 19. Jahrhundert at it’s best. Für Johann Peter Hebel sieht das so aus:
Bei Hölderlin der war gerade einmal zwölf Jahre tot hat Henze sich folgende, wie wir alle wissen: exemplarische, Unterschrift herausgesucht:
Den Vogel aber hat Henze bei H. v. Kleist abgeschossen:
All das steht geschrieben in einer Fraktur, die, in sich gebrochen, den Untergang des langsam dahinsiechenden deutschen Geistes kühn und schonungslos vorwegnimmt. Ihre Signatur: Der Apostroph in »305 Facsimiles«. Was da alles drinsteckt. rr, 2. April 1999 |
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