Appell an die Mitglieder des Ausschusses für Kultur und Bildung der Stadt Heidelberg für stabile Rahmenbedingungen in der Literaturförderung

 

Als UNESCO CITY OF LITERATURE hat sich Heidelberg in den letzten Jahren einen weit über die Region hinaus wirkenden nationalen und internationalen Ruf erworben. Der Prozess, der mit der Erteilung dieses – für Deutschland einzigartigen – Prädikats in Gang gesetzt wurde, zielt auf eine nachhaltige Unterstützung der Literatur und ihrer Vermittlung.

Im Vergleich zu anderen Künsten hat es die Literatur viel schwerer, sich größere Publikumsschichten zu erschließen, weil die Vermittlung Scheu und Verstehenshindernisse überwinden muss. Übersetzerwerkstätten, Präsentationen von und für Heidelberger Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Autoren und Verlage auf internationalen Buchmessen und Festivals, nicht zuletzt die Heidelberger Literaturtage wirken genau in diesem Sinne. Auf diesem Weg ist die Heidelberger literarische Szene – das sind immerhin über 1.000 aktive Mitwirkende – mit Unterstützung der Stadt in den letzten Jahren deutlich vorangekommen und hat damit auch den am Ort ansässigen Verlagen und Buchhandlungen neue Perspektiven eröffnet, die den Zusammenhalt der an Literatur Interessierten gestärkt haben.

Umso unverständlicher muss für diesen Interessenverbund die vom Stadtrat vorgenommene Mittelkürzung wirken, die – in merklichem Unterschied zur begrüßenswerten ökonomischen Stabilität in anderen Bereichen der Kultur – allein die Förderung der literarischen Aktivitäten betraf und deren Einseitigkeit nicht eigens begründet wurde.

Damit bringt der Stadtrat nicht nur die literarischen Aktivitäten in Bedrängnis. Er schwächt die Position des Standorts als UNESCO CITY OF LITERATURE. Die einseitigen Streichungen werden bei der nächstes Jahr anstehenden Evaluation die Selbstverpflichtung der Stadt, das litera­rische Leben kontinuierlich zu unterstützen, in Frage stellen und bei den Gesprächen mit der UNESCO alles andere als förderlich sein. Eine Ab­erkennung des Status einer CITY OF LITERATURE wäre für Autoren, Verlage und Buchhandlungen der Stadt nicht nur eine symbolische, sondern auch eine reale Katastrophe. Die von anderen Städten um das Prädikat einer UNESCO CITY OF LITERATURE beneidete Kommune stünde zudem blamiert da und würde deutschlandweit für negative Schlagzeilen sorgen.

Wir fordern den Heidelberger Stadtrat daher auf, seinen für die Literaturförderung schädlichen Beschluss zurückzunehmen und darauf hinzuwirken, dass das Schicksal der Literaturförderung in dieser Stadt mittel- und langfristig auf einem festen Fundament steht, das von willkürlichen und unvermittelbaren Einschnitten in seinen Etat verschont bleibt. Wir brauchen für unsere wertvolle kulturelle Arbeit an und mit der Sprache stabile Rahmenbedingungen.

 

Roland Reuß

Heidelberg, den 21. September 2021

Bitte unterzeichnen Sie diesen Aufruf, gern auch mit Kommentar, via protest@textkritik.de

Wir sammeln weiterhin Unterschriften. Am 21. Oktober ist Sitzung des zuständigen Ausschusses. Der Appell wird dann samt Unterschriften übergeben werden.

pdf-Version des Aufrufs mit der Übersicht über die Unterzeichner und Kommentaren. Die Liste wird von Zeit zu Zeit aktualisiert. Letzte Aktualisierung: Freitag, 12. November 2021, 18:51 Uhr