Briefwechsel

1824.

222.

Leipzig, 20. Januar 1824.

Theuerster Freund!

Ungeachtet meines Widerwillens gegen das Druckenlassen hat denn doch im Anfange dieses Jahres ein für mich persönlich genugthuendes und glückliches Ereigniß diese Scheu überwunden. Der Fürst, dem ich am letzten Posttage meine kleine Schrift überreicht, hat Ihnen vielleicht dieselbe schon gezeigt, und so wissen Sie, worauf es ankommt. Ein nicht unbedeutender Lohn für dreizehnjährige einsame und meistentheils verachtete Bestrebung war es, daß das, was ich ökonomische Restauration nenne, unter meinen Augen beginnen mußte. Das ist für mich die Herstellung des eigentlichen Urcontraktes; auf die Dienstverhältnisse im Landbau beziehen sich alle übrigen. In Oesterreich, wo noch so vieles gerettet, fühlt man das nicht so, wie in der übrigen, mehr von Grund aus revolutionirten Welt. Lassen Sie sich gefälligst von Pilat die heutige Leipziger Zeitung vorlegen, welche die erste Anzeige von der Albert’schen Wirthschaftsmethode enthält, und Sie werden in demselben Blatt eine Annonce finden, mit welcher ein einziger Dresdener Agent, der noch dazu Theuerkauf heißt, 31 große Herrschaften und Güter, 27 mittlere und 69 Freigüter zum Verkauf stellt. Sie haben keine Vorstellung davon, wie weit die Verzweiflung der großen Grundbesitzer geht, und wie nahe wir der gänzlichen Zertrümmerung des großen Besitzes und der innerlichen Jakobinisirung von Deutschland standen. Haben Sie die Freundschaft für mich, dieses Zeitungsblatt Sr. Durchlaucht zu zeigen, damit das Geschrei, welches ich erhebe, einigermaßen erklärlich werde. Hatte ich nicht Recht, <380:> in meiner theologischen Grundlage zu sagen: der einfache Landmann &c. und nicht die Weisen im Lande seyen die Erhalter der Welt? Albert selbst ist nichts als ein reicher Bauer, und den kleinen Bauern hat er den Vortheil abgesehen, der allen deutschen Landen, insbesondere aber Preußen (dessen Grundbesitzer am tiefsten heruntergekommen waren), wahrscheinlich sehr zu Gute kommen wird. – Den eben erwählten Märkischen und Pommerschen Ständen kommt der Albertsche Plan sehr zu statten. Sie werden schon wissen, daß kein einziger Schlechtgesinnter erwählt worden. Nichtsdestoweniger ist der Zusammentritt solcher neuen Stände allerdings in einem Lande, welches gänzlich ohne Ministerium und Direktion irgend einer Art dasteht, wie ich Ihnen gern zugebe, höchst bedenklich.

Leben Sie wohl, mein herzlich geliebter und verehrter Freund! Kämen Sie denn nicht etwa diesen Sommer nach Teplitz?

Ihr

treuergebener

Adam Müller.