Briefwechsel 214. Mein verehrtester Freund! Kraus wünscht, daß ich ihm einige Zeilen mitgebe, und so benutze ich gern seine Abreise, um vielleicht bei seiner Rückkehr von Ihnen selbst Nachrichten über Ihre Gesundheit zu erhalten. Dem Kampfe um die Erhaltung des Friedens bin ich mit größerer Aufmerksamkeit, als Sie vielleicht voraussetzen, gefolgt. Die agirenden und sprechenden Hauptpersonen standen meinem Herzen, ungeachtet alles Wechsels der Umstände, zu nahe, als daß ich nicht alle ihre Agitationen hätte theilen sollen. Die muthvolle Haltung des Beobachters hat mich oft gestärkt; nur beschwöre ich Sie, den Moment nicht zu übersehen, wo eine Milderung des Tones in Beurtheilung der griechischen Angelegenheiten eintreten könnte. Die ganze europäische Kriegskabale ist gescheitert; ein ganz anderes Problem liegt den Cabinetten vor; könnte nicht inzwischen sich der Beobachter in eine mehr philanthropische Erwägung der griechischen Händel hinüberstimmen? Ich sitze im Parterre und habe also eine Stimme über den Effekt. Wenn ich Ihnen meine Ueberzeugung mittheilen könnte, welche Wirkung es auf die große Majorität der schwachen und im Ganzen wohlwollenden Zuschauer haben würde, wenn der Beobachter absichtlich merken ließe, daß seit der Ernennung der beiden Hospodare eine neue Aera eingetreten sey, und daß nun andern Empfindungen Raum gegeben werden könnte, wie viel würde ich darum geben! Mit unveränderter Verehrung der Ihrige Leipzig, den 18. August 1822. Adam Müller. |
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