Briefwechsel

192.

Ich danke Ihnen recht sehr, mein theuerster Freund, für diese überaus würdige Erklärung; sie hat für mich einen um so größern Werth, als Sie 1) das Gewicht der Alternative, über welche Sie sich entschieden, tief gefühlt haben, 2) aber mit ächt christlicher Resignation eigentlich mehr zugeben, als man mit Recht von Ihnen fordern konnte, und als ich namentlich je von Ihnen fordern würde.

Ich glaube nämlich gar nicht, daß das, was wir unter dem Worte Staatscensur begreifen, mit der Freiheit und den Rechten der Kirche an und für sich im Widerspruche steht, daß in einer wohlgeordneten gesellschaftlichen Verfassung vielmehr beide mit einander vollkommen zusammenstimmen. Ich glaube aber, daß in einem Zeitpunkte, wo Kirche und Staat mit gemeinschaftlicher naher Auflösung bedroht sind, die (sichtbare) Kirche etwas Gott gefälliges thut, wenn sie, mit Vorbehalt aller ihrer Rechte, dem Staate selbst in solchen Maßregeln beisteht, die diese Rechte augenblicklich zu beschränken scheinen; und daß dagegen die beständige Pflicht des Staates ist, von dieser Begünstigung nur in so fern Gebrauch zu machen, als die höchste Noth dazu zwingt.

Das Uebrige mündlich. Ich komme erst, von ernsten Geschäften – und schweren Sorgen ermüdet, nach Hause. Solche Worte, wie die Ihrigen, wirken aber unter allen Umständen heilend.

Den 26. März 1820.

Gentz.