Briefwechsel 178. Carlsbad, den 28. Juli 1819. Ich erhielt gestern, liebster Freund, Ihren Brief vom 22. (oder 24.?) Mein wohl überlegter Rath ist: Richten Sie sich so ein, daß Sie den 13., spätestens den 14. hier eintreffen. Ich werde Ihnen vom 13. an eine Wohnung bestellen und bei der Mautheinnahme (in der Stadt) einen Zettel abgeben, der sie bezeichnet. Bei dieser Einrichtung gewinne ich noch das Große, daß ich von hier mit Ihnen nach Teplitz und vielleicht Dresden gehen kann, indem für dießmal die Zusammenkunft mit meinen Schwestern unwiderruflich Statt findet. <295:> Sie haben vollkommen Recht. So hat Europa, wenigstens Deutschland, noch nie ausgesehen. Der Augenblick ist über alle Maßen entscheidend. Sie ahnden es, Sie schließen es, Sie fühlen es; aber wenn Sie erst Alles wüßten! Ihr Urtheil über die Vorgänge in Berlin ist aus Ihrem Standpunkt vollkommen richtig; ich denke im Grunde eben so; und doch gibt es eine Menge Dinge, die dieses Urtheil nothwendig modificiren. Uebrigens geschehe was immer will; mein Bedürfniß, Sie zu sehen, ist dringend, muß schlechterdings befriedigt werden. Ich brauche Sie, wie Lebensluft, und hätte ich nicht die sicherste Hoffnung, Sie hier zu erwarten, so suchte ich Sie auf, ich weiß nicht wo. Sie bekommen diesen Brief zeitig genug, um mir noch einmal (wenigstens) zu schreiben. Das wünsche und verlange ich, damit ich meiner Sache gewiß sey. Wenn Sie mir den Tag Ihrer Ankunft und die Straße genau angeben können, fahre ich Ihnen auch wohl auf eine Meile entgegen. Bis dahin, Gott befohlen. Gentz. |
||
Copyright by Institut für
Textkritik, Heidelberg © 2005 |
||