Briefwechsel

175.

Wien, 16. Juni 1819.

Die Ernennung des Erzherzogs Rudolph zum Cardinal wird Ihnen beweisen, in welch guten Verhältnissen wir mit dem Papste stehen. Alles, was mir der Fürst über diesen Gegenstand schreibt, ist nicht nur beruhigend, sondern äußerst erfreulich.

Ich möchte wissen, wie Sie es eigentlich mit dem Zeitungslesen halten. Mir frißt dieses Geschäft, welches ich freilich als eine Art von Berufsarbeit und mit gewissenhafter Pünktlichkeit behandle, eine unendliche Zeit, und jetzt, wo jeder Tag, (außer der Unzahl deutscher Blätter) mir die unendlichen Debatten im Moniteur und in den englischen Zeitungen zuführt, drei, vier und mehrere Stunden täglich weg. Ueberhaupt bin ich oft in wahrer Verzweiflung über die Kürze und Beschränktheit des Lebens. Ich verschwende gewiß wenig Augenblicke und kann doch nichts Rechtschaffenes vor mich bringen. Sagen Sie mir etwas über dieses <288:> Unglück. Schreiben Sie mir überhaupt recht viel, und werden Sie nicht wieder matt; Sie wissen nun einmal, daß Ihre Briefe meine beste Lebensnahrung sind.

Gentz.