Briefwechsel 173. Wien, den 5. Mai 1819. Anstatt aller Vorwürfe, die ich Ihnen darüber machen sollte, daß Sie die Schrift von Beckedorff an Collin und nicht an mich gesendet haben, will ich Ihnen bloß erzählen, was das Schicksal dieser Sache gewesen seyn würde, wenn ich nicht dazwischen getreten wäre. Sie werden aus der Beilage erfahren, wie Collin, der übrigens ein sehr braver und gutdenkender Mann ist, Ihren Vorschlag beurtheilte. Ich aber dachte anders. Und da ich, trotz der Abwesenheit des Fürsten, um eine vortreffliche Stütze nicht verlegen war, so wurde gleich zum Werke geschritten und morgen wird der Abdruck hier ausgegeben werden. Ich rechne übrigens darauf, daß die ursprüngliche Verlagshandlung nicht etwa über Nachdruck und Verrath schreien wird; in einer so wahrhaft gemeinnützigen Sache kann ich mir eine so kleinliche Rücksicht kaum denken; in jedem Falle aber halte ich mich an Sie, wenn irgend etwas dieser Art sich zutragen sollte. Die Schrift ist nicht künstlich, aber voll edler und würdiger Gesinnungen, ans Herz greifend und im besten Sinne populär. Ich hoffe, daß selbst verhärtete Gemüther (deren wir auch bei uns nur zu viele haben) eine heilsame Erschütterung davon spüren werden. Der Fürst, von welchem ich gestern einen Brief aus Rom vom 23. erhielt und der am 24. früh nach Neapel abgereist ist, war mit Ihren letzten Berichten in hohem Grade zufrieden. Was er mir davon schreibt, vermehrt nur meinen Schmerz, sie nicht gelesen zu haben. Melden Sie mir doch aufrichtig, ob Sie den Brief, worin ich Sie im Namen des Fürsten instruirte, Ihre Correspondenz während seiner Abwesenheit durch mich gehen zu lassen, wirklich nie erhielten? <284:> Schreiben Sie mir nur recht bald, und alles, was Sie irgend in Erfahrung bringen. Und hören Sie doch auf, dem elenden Conversationsblatt Beiträge zu schicken. Gentz. |
||
Copyright by Institut für
Textkritik, Heidelberg © 2005 |
||