Briefwechsel

161.

Leipzig, den 15. Juni 1818.

Der Oesterreichische Beobachter enthält einen vortrefflichen Artikel bei Gelegenheit der Bremer Zeitung; derselbige Beobachter enthält aber auch eine Empfehlung einer Wetter-Scharteke, die in Berlin herausgekommen ist, wegen der ich Sie, mein verehrter Freund, unsern Pilat förmlich zur Rede zu stellen bitte. Ich will voraussetzen, daß diese auch sogar in die Allgemeine Zeitung übergegangene Anzeige aus Gefälligkeit für Gerold, oder irgend einen andern Buchhändler aufgenommen worden; aber auch so, wie war es möglich, das edle Blatt mit den Beifallsbezeugungen gegen dergleichen Schäkereien zu verunstalten? Das Wetter bleibt immer eine ernsthafte <254:> Angelegenheit (nächst der Religion, Politik und Philosophie eine der wichtigsten). Sie wissen, wie sehr diese Sache seit des Hrn. Howard – eines ganz anderen und besseren als des bekannteren Zuchthausphilanthropen – Untersuchungen und Beobachtungen an Klarheit gewinnt, und ich freue mich durch Gilberts Journal und mein darin enthaltenes Sendschreiben über Howard auch in Deutschland Adepten für die wahren Wetterbeobachtungen gewonnen zu haben. Ein gründliches Studium des Wetters führt überall auf ein seelenvolles Studium der Natur, ja auf die Rechtfertigung der Einrichtungen weiserer Vorfahren in Haus und Feld, ist also durch und durch antirevolutionär. Und derselbe Beobachter, der vor sechs Jahren einen von mir verfaßten, gründlichen Aufsatz über den viel geistreicheren damaligen Prophezeihungs-Spuck eines gewissen Haberle nicht aufnahm, trägt dermalen in der Epoche seines größten Ruhmes kein Bedenken, den Herrn Dittmar zu empfehlen! Dittmar! Wissen Sie, was das ist, Dittmar? Das ist so ein Mann, der eine Pensionsanstalt für Söhne und Töchter hält, ein offener Kopf, der schon vor zehn Jahren in Dresden mir und dem seligen Buol zu Dresden seine kaltwarme Zugwindstheorie aufbinden wollte, aber gehörigst abgefertigt wurde.

Ich habe nicht umhin gekonnt, mich gegen Sie, mein verehrter Freund, über diesen unerklärlichen Vorgang auszuschütten.

Nächstdem aber bitte ich Sie, wenn einmal nach zehn unterweilen beabsichtigten Briefen an mich der eilfte wirklich abgehen sollte, um Nachrichten über Friedrich Schlegel. Nach den Zeitungen ist er in Cöln, nicht mehr im Dienst, seine Frau in Rom. Ich, abgeschnitten von aller Wiener Privatcorrespondenz, denn auch Pilat beantwortet meine Briefe selten, bin in den Vorgängen, die jene Veränderung veranlaßt haben können, völlig fremd. Also bitte ich Sie nur um das Wesentliche.

In Angelegenheiten des Herzens, über höhere und göttliche Dinge, über so Vieles, was man nur dem zwanzigjährigen Freunde zu eröffnen vermag, hätte ich Ihnen zu schreiben. Aber Sie müßten mich erst versichern, daß Sie meine Briefe noch eben so gern als ehemals empfangen, und daß Sie nicht meine Gedanken um einiger Sprachdifferenzen willen repudiiren. Ihr

Adam Müller. <255:>