Briefwechsel

133.

Paris, den 3. August.

Mein hochgeschätzter Freund! Es setzt mich in große Bestürzung, daß die Couriere in Wien nicht angekommen sind; indeß Sie wissen ja <202:> ohnedieß, daß eine gute ordinäre Reisepost ebenso gut wäre, als diese Reit- oder Rittmeister. – Uebersehen Sie in dem heutigen Journal des Débats ja nicht den Aufsatz eines Preußen: es ist dieß eine gewisse natürliche Coalition, womit der heutige Geburtstag des Königs gefeiert wird.

Die Verlegenheit in den Tuilerien (ich sage das bloß zu Ihrer Notiz) ist fortdauernd sehr groß, vermehrt durch die Ankunft Angouleme’s in Südfrankreich, der aus der spanischen Schule eine eigene Ansicht der Dinge mitgebracht hat, und mit dem Könige keineswegs an einem Strange zu ziehen scheint. Man spricht von einer weißen Kokarde mit grünem Rande, welche Angouleme aufgesteckt haben soll, von Religionskrieg, der vom südlichen Frankreich ausgehen soll, und vom Niederbrennen der protestantischen Häuser in Nismes. Madame agirt hier ungefähr in demselben Sinne, und scandalisirt sich öffentlich über das Ministerium, insbesondere über Talleyrand, Fouché, Louis und Jaucourt, insbesondere aus kirchlichen Gründen, während alle englischen Zeitungen aus geheimen französischen Quellen gegen Fouché zu Felde ziehen. Die constitutionelle Partei ist der Zahl nach die stärkste, begreiflicher Weise aber in so viele Abarten zerfallen, daß sie kaum zählt. Von der katholischen Partei wäre also nur das zu besorgen, daß sie die meiste Einheit hat. – Orleans verhält sich ruhig, sanft und milde, wie gewöhnlich.

Die preußische Feldzeitung wird Ihnen gleich zugeschickt werden. Das dritte Stück, höre ich, wird eine merkwürdige Freimaurerrede enthalten, die heute am Geburtstag gehalten wird. Sie merken den Braten, und wie alles dieß mit dem Artikel im Journal des Débats zusammenhängt.

Innig der Ihrige

Adam Müller.