Briefwechsel

132.

Wien, den 30. Juli 1815.

Ihre Briefe vom 14. und 15. haben eine gewaltige Revolution in mir angerichtet. Sie können sich kaum vorstellen, wie weit ich von dem Gedanken, nach Paris zu reisen, entfernt war; jetzt bin ich entschlossen, zu reisen. Die Argumente und der ganze Inhalt des ersten Briefes wären – bei einer großen Sehnsucht nach Ihnen – hinreichend gewesen, mich zu bestimmen; gleichwohl wäre ich nicht gegangen, wenn nicht die Aufforderung des Fürsten der Sache den gehörigen Druck gegeben hätte. Ich bin nun entschieden, und gehe den 1. oder 2. von hier ab. Da ich, wie Sie wissen, nicht schnell reise, so werden Sie mich natürlich vor dem 12. nicht erwarten, auch mir keinen bösen Namen machen, wenn ich je noch ein paar Tage später einträfe.

Ich werde über Regensburg nach Frankfurt gehen, und dort über die weiter zu ergreifende Straße Erkundigung einziehen. Die herrschende Meinung ist hier, daß der Weg über Brüssel der sicherste und beste sey; er ist freilich nicht der kürzeste.

Ich bitte Sie, mir eine Wohnung zu bestellen. Sie wissen wohl, daß ich Geld nicht sonderlich achte, und auf den Preis kommt es also so viel als nichts an. Nur muß sie nahe beim Fürsten und nahe bei Ihnen seyn. Dieß ist der Hauptpunkt. Mit zwei oder drei Stuben (worunter jedoch eine ruhige und finstere, oder finster zu machende Schlafstube seyn muß, wo möglich nach einem Hofe zu) habe ich genug.

Vielleicht finde ich ein Mittel, Ihnen von Frankfurt aus die Nachricht, welchen Weg ich genommen, etwas früher als mich selbst, zu überbringen. Ich denke mir aber, daß es in einer Welt, wie Paris, kaum möglich ist, einem Ankommenden (wie dieß wohl in kleineren Städten geschieht) eine aufklärende Notiz entegegen zu schicken. Wenn ich gerade nach dem Hotel Berthier fahre, werde ich dort wohl das Weitere vernehmen.

Gentz.