Briefwechsel 1815. 122. Insbruck, 29. März 1815. Nur um Ihnen unter den neuen Wendungen des Weltlaufs zu sagen, daß ich, an den Sie in dem Treiben Ihres Lebens zu denken kaum den Augenblick erübrigen mögen, ein schweres und fast leidenschaftliches Verlangen nach Ihnen habe; alle Gedanken eines nicht unthätigen, aber doch tief einsamen Daseyns auf Sie, und Ihre einzig interessante Erwiederung beziehe; alle Betrachtungen meines Geistes in mich kehre und sammle für eine Zeit der Mittheilung, die vielleicht nie kommen wird. Sie aber, Gentz, der Sie die Kenntniß des Jahrhunderts in großen Zügen getrunken und doch die Menschenleere der gestaltenreichen Zeit so vielfältig empfunden haben, sollten es natürlich finden, daß ich für mein Dichten und Denken nun keinen Ausweg mehr kenne, der nicht durch Sie und zu Ihrem Herzen führte. Der Strom, je größer und voller er wird, strebt um so mehr in die See zurück, von der er ausgegangen. Dieses Bild ist sprechend wahr und bezeichnet mein Leben: es ist eine Wolkensublimation des Ihrigen, deren Farbenspiel mit Morgen- und Abendröthe und dem dadurch erhöhten Blau des unendlichen Himmels Sie in dunklerer Brechung der Strahlen gerne zurückwarfen. Vergessen Sie mich nicht. Adam Müller. <180:> |
||
Copyright by Institut für
Textkritik, Heidelberg © 2005 |
||