Briefwechsel

116.

Ruhig habe ich diesen Aufsatz gewiß gelesen, und ob der Gegenstand desselben mich mittelmäßig interessirt, wisssen Sie. Aber gefaßt habe ich ihn eigentlich doch nicht. Die Probe ist die, daß mir der Gegensatz zwischen Burke und Goethe, den Ihre Vorrede aufstellt, heute noch eben so unverständlich und nebligt vorkommt, als wie ich ihn zum erstenmal vorfand.

Mit einem Worte: Für dieses rasche Zusammenfassen der dem Anscheine nach getrenntesten Gegenstände ich mein Kopf zu schwach. Ihnen ist es ein Spiel, Burke, Plato, Schelling, Novalis (von dem ich nicht geglaubt hätte, ihn als den Lichtverbreiter über die Geschichte von England je gerechnet zu sehen), den Apoll von Belvedere, die Planeten, Gott und den Gegensatz – in einem einzigen Moment so mit einander zu amalgamiren, daß einem solchen, wie ich bin, der Kopf schwindelt. Sie sind ein Dichter, mein lieber Freund; nur die Imagination ist es, die mir in Ihnen dieß ganze seltsame <172:> Spiel erklärt. Diese Imagination – da sie überdieß mit praktischen Anlagen so herrlich gepaart und temperirt ist – werde ich stets bewundern, aber ihren Flügen zu folgen, überlasse ich forthin denen, die mit einer gleichen Imagination ausgerüstet sind. Ich bin unfähig dazu.

Alles Uebrige bleibt beim Alten.

Montag, 4. März.

Gentz.