Briefwechsel 82. Prag, den 12. December. Ihren Brief, mein lieber Freund, habe ich, weil Tettenborn nicht in der Stadt war, erst gestern bekommen, und bin heute nicht im Stande, ihn gehörig zu beantworten. Mit der lebhaftesten Theilnahme habe ich die Geschichte Ihrer neuen Sorgen und Verdrießlichkeiten vernommen, finde aber nichts darin, was Sie rechtfertigte, daß Sie mir eben diese Vorgänge nicht schon vor mehreren Wochen gemeldet haben; vielmehr ist es das gerade, was mich kränkt, daß Sie im Unglück wie im Glück nicht ein Bedürfniß fühlen, mit mir zu theilen, da ich hingegen unabläßig in dieser Disposition bin. Doch was helfen alle Klagen? Wir wollen die Sache für die Zukunft ihrem eigenen Laufe überlassen. Ihr Raisonnement über die russische Kriegserklärung war leider falsch; schon acht Tage, ehe Sie es niederschrieben, wußte ich den traurigen Ausgang. Jetzt ist der entscheidendste aller Momente. Wenn England jetzt einig, kalt und fest bleibt, so werden die Pforten der Hölle es nicht überwältigen. Wirkt hingegen dieser letzte Schlag innere Spaltungen oder große Muthlosigkeit aus Furcht vor denselben, so sieht es mit Krieg und Frieden gleich schlecht aus. Was noch tröstet, ist, daß Wellesley, ohne ostensibeln Charakter, jetzt der eigentliche Steuermann ist. Wenn ich nur bei ihm wäre! Ich weiß, daß ich Ideen und <122:> Mittel hätte. Aber so bin ich ein elender Grillenfänger, der nichts mehr wirken kann. Schicken Sie beiliegenden Brief, sobald als möglich, an N., damit er nicht zu spät hinter den vorigen komme, Nächstens ein Mehreres. Gentz. |
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