Briefwechsel 73. Teplitz, den 30. August 1807. Sie wissen doch, daß gestern Abend um 11 Uhr 17 Minuten die Welt untergehen sollte; woher die närrische Prophezeihung eigentlich kam, weiß ich selbst nicht; aber seltsam ist es, daß sie zu gleicher Zeit aus Dresden, Leipzig und Prag hieher berichtet wurde. Wir waren doch alle einigermaßen gespannt; indessen blieb es beim Alten. Aber der Himmel zeigte bei dem allen ein sonderbares Phänomen, welches ich zwar sonst schon, doch nie in dieser Stärke gesehen habe. Der ganze Himmel war von der vollkommensten Klarheit; aber am nördlichen Horizont, der hier, wie Sie wissen, vom Gebirge begränzt ist, geschah ein unaufhörliches Blitzen, welches um 9 Uhr anfing und bis 3 Uhr Morgens fortdauerte. Die Blitze erstreckten sich links vom Nordpunkt bis fast gegen den Westpunkt, rechts aber nur bis gegen den Nordostpunkt; auf dieser Linie aber erschienen sie unaufhörlich, zuweilen zwei, drei neben einander. Dabei war es, selbst bis an den äußersten Horizont, so klar, daß man die kleinsten Sterne erkannte; bloß im untersten Nordwest that sich zuweilen bei den hellsten Blitzen eine kleine Wolke in der Gestalt einer ganz schmalen schwarzen Linie hervor. Da dieses Phänomen von hier aus gerade gegen Dresden zu gesehen wurde, so wäre ich äußerst neugierig zu wissen, was gestern Nacht in Dresden vorgegangen ist; ob Sie dieselbe Erscheinung, und in welcher Art, und nach welcher Weltgegend Sie sie gehabt haben. Wenn Sie auch geschlafen haben sollten, so hat doch gewiß der Dicke gewacht. Ich rechne also auf einigen Bericht. Gentz. |
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