Briefwechsel 66. Teplitz den 23. Juni 1807. Mein Allervortrefflichster! Wie soll ich Ihnen für Ihre große und rühmliche Sorgfalt und Treue genugsam danken? Und wie soll ich die Genauigkeit, Klugheit und Klarheit Ihres Berichtes hinlänglich preisen! Wenn Sie sich recht lebhaft vorstellen, wie wichtig dieser Brief mir seyn mußte, so müssen Sie einen Theil des Lohnes schon empfangen haben, der Ihnen dafür gebührt. Es ist offenbar, daß von einem eigentlichen Resultat durchaus noch nicht die Rede seyn kann, indem bei dem Abgange der Nachrichten alles noch in der höchsten Dunkelheit und Verwirrung schwebte. Ein Umstand, der mich gleich gestern Abend sehr frappirte, ist der, daß in dem Telegraphen, welcher die Nachrichten bis zum 12. enthält, diesen Nachrichten ein mehrere Seiten langes politisches Gewäsch vorangeht, welches fast so aussieht, als traute man sich nicht, mit den militärischen Neuigkeiten herauszurücken. Uebrigens sind in eben diesem politischen Gewäsch die letzten diplomatischen Verhandlungen ziemlich so, wie sie wirklich statt hatten, angegeben. Ich erhielt gestern einen Brief aus Königsberg vom 31. Mai, worin es unter andern heißt: Man hat, seitdem der Min. Hardenberg das Portefeuille hat, in einer fortgesetzten Correspondenz mit Bonaparte gestanden. Sie roulirte auf der Friedensbasis und dem Congreßort. Die Franzosen haben sich lange in allerlei zweideutigen Wendungen erklärt. Endlich hat der König eine bestimmte Antwort theils über die Friedensbasis, theils ob man dazu stimme, daß der Congreß in Kopenhagen gehalten werde, verlangt. Hierauf ist dann die Antwort gewesen: Kopenhagen, oder jeder andere Ort sey ihm gleich; er verlange für sich nichts; er wolle aber, daß seine Alliirte mit denen des Königs von Preußen auf gleichen Fuß behandelt, und alles durch ein System von Compensationen ausgeglichen werde. Das heißt, Rußland soll den Türken die Krimm, England den Spaniern und Holländern die Colonien zurückgeben. Man sieht diese Antwort als null und nichtig an. Sollte übrigens der Congreß zu Stande kommen, so würde es eine schöne Wirthschaft werden, indem alle großen und kleinen Mächte Europas und Asiens, der türkische und der persische Kaiser (warum nicht auch Scindiah und <104:> Holkar?) dabei seyn sollen. Es dürfte dieser Congreß eine Art von Judenversammlung wie zu Paris werden. Unterdessen hat Bennigsen sein Hauptquartier von Bartenstein nach Heilsberg verlegt. Der Kaiser Alexander hat sich seit 10 Tagen von der Armee weg hinter die Memel nach Tilsit begeben. Der König wird ihm in einigen Tagen dahin folgen; die Königin geht nach Memel. Das russisch-preußische Cabinet wird sich auch nach Tilsit begeben. Von allem, was hier vorgeht, müßte man Bücher schreiben &c. So weit meine Correspondenz aus Königsberg. Das Uebrige muß sich nun bald aufklären. Fahren Sie nur fort, ich bitte Sie herzlich, mich mit so gründlichen und vortrefflichen Briefen zu beschicken. Ich schicke Ihnen hier den ersten Theil der Vorlesungen zurück. Bei Uebersendung des zweiten sage ich Ihnen ein Mehreres darüber. Schicken Sie mir ja, so bald als möglich, das bewußte Journal zurück. Ich empfehle Ihnen den beiliegenden Brief. Ich hatte leichtsinniger Weise vergessen, die F. mit der Adresse an Göpper bekannt zu machen. Jetzt ist alles in Ordnung, und Sie können mir unter dieser Adresse fortdauernd schreiben. Thun Sie es nur oft; das Botenlohn würde ich nicht scheuen, wenn es auch jedesmal 20 Gulden betrüge. Jetzt ist es entschieden, daß Sie die ganze Bibliothek bekommen. Mit diesen Worten schließe ich. G. |
||
Copyright by Institut für
Textkritik, Heidelberg © 2005 |
||