Briefwechsel

54.

Vor einigen Tagen erhielt ich Details über den Tod und das Begräbniß des vortrefflichen und unersetzlichen Prinzen Louis, von einer Seite her, wo ich sie nicht erwartete. Der Graf Mensdorff-Pouilly, ein französischer Emigrirter, jetzt Rittmeister im Klenau’schen Regiment, der vor zwei Jahren die Prinzessin Sophie von Coburg geheirathet hat, war mit dem Coburg’schen Hofe in Saalfeld, als der Krieg anfing und die unglückliche Affaire vom 10. vorfiel. Er hatte den Prinzen noch am Tage der Schlacht gesprochen und begleitete ihn, wie er aus der Stadt ritt, um den Franzosen entgegen zu gehen. Wie der fatale Ausgang immer entschiedener wurde, ritt er zurück, um der Coburg’schen Familie beizustehen, und hielt durch seine Standhaftigkeit die Franzosen ab, das Schloß in Saalfeld zu plündern. Bei diesem Geschäft kommt der General Lannes und zeigt ihm den Stern und das Kreuz des Prinzen, und fragt ihn, wem es gehört haben kann. Mensdorff sagt ihm, welchen Feind er besiegt hat. Lannes, selbst erstaunt: „Diable, voilà qui est bon; cela fera une grande sensation à l’armée.“ Hierauf reitet Mensdorff gleich nach dem Schlachtfelde, begleitet von den Husaren, die den Prinzen ausgezogen und geplündert hatten; er verspricht ihnen Geld, wenn sie ihm nur den Leichnam schaffen wollen; man findet ihn ganz nackt und halb schon in die Erde gescharrt. Er stellt Lannes die Unwürdigkeit der Behandlung vor, und nun gibt ihm dieser eine Compagnie Grenadiers, um den Leichnam, bloß in ein Tuch gehüllt, nach Saalfeld bringen zu lassen. Die Grenadiers spielen Walzer, indem sie ihn begleiten. Man bringt ihn ins Schloß und examinirt ihn. Mensdorff läßt ihn in die Kirche tragen, dort 24 Stunden stehen, und dann in der fürstlichen Gruft beisetzen. <86:> Was das für Fügungen sind! Ein österreichischer Officier, ehemals selbst Franzose, Gemahl einer deutschen Prinzessin, begräbt den Prinz Louis von Preußen!

Indem ich diesen Brief schließen will, kömmt eine verwünschte Nachricht, die, wenn sie völlig gegründet ist, einen Theil meiner militärischen Calculs zerstört. Die Armee von Hohenlohe soll bey Cottbus geschlagen worden seyn und 15,000 Mann verloren haben. Ich hatte mir geschmeichelt, sie würde unterhalb Berlin – denn warum auch oberhalb? – über die Oder zu gehen suchen.

Gott sey mit Ihnen!

Gentz.