Briefwechsel

53.

Die Zeit ist viel zu stürmisch, meiner Verhältnisse und Geschäfte sind viel zu viel, als daß ich jetzt einem philosophischen Cursus folgen könnte. Es würde mir vorkommen, wie wenn einer, der sein Leben in Spielhäusern zubringt, aus Selbsttäuschung oder Menschenfurcht zweimal die Woche dem Gottesdienst beiwohnen wollte. Auch helfen ja einzelne Stunden wenig oder nichts, wenn man einmal den Faden nicht halten kann. Dieß aber war absolut unmöglich, ebenso unmöglich, als daß ich heute der Stunde hätte beiwohnen können.

Ihre Wirksamkeit interessirt mich immer gleich. Dazu ist gar nicht nöthig, daß ich jedes Ihrer Produkte gleich beim Augenblick seiner Geburt kennen lerne; entgehen soll mir, in so fern ich es fassen kann, doch keines. Mit der dießmal gewählten Form – dem Entschlusse, jetzt Vorlesungen zu halten – war ich nie einverstanden, und kann es auch jetzt noch nicht seyn.

Das was ich Ihr „sich von mir entfernen“ nannte, datirt nicht <85:> von der Zeit dieser Vorlesungen, und steht mit denselben in keiner Art von Zusammenhange. Ich sage auch darüber weiter nichts mehr, als daß Sie, wie lange Sie sich auch entfernen mögen, mich zu seiner Zeit immer wieder finden, und immer denselben wieder finden sollen.

Alles getreulich, sonder Gefährde, und ohne irgend einen Eintrag für unsere unzerstörbare Freundschaft.

16. September 1806, Dresden.

Gentz.