Briefwechsel 51. 30. Juli 1806. Es bedurfte keiner so rührenden Erinnerung an das, was ich durch die Trennung von Ihnen verloren habe! Sie sind täglich Gegenstand meiner Gedanken, Ihr großes und merkwürdiges Wesen Objekt meines Philosophirens. Im Zirkel der Freunde wird oftmals Gericht über Sie gehalten, und wohl jedesmal Ihrer gedacht. Also was Sie meinem Herzen wohlklingendes und tief erschütterndes sagen, ist wie eine schöne überflüssige Gabe des Himmels, die ich verdiene, und dann auch wieder nicht verdiene, aber immer dankbar und vorwurfsfrei genieße. Daß das Joch dieser Zeiten schwer auch auf dem liegt, der in Christo lebt, wissen Sie, wenigstens weiß es der treue, fromme, gutmüthige praktische Genius, der ächt christliche Genius, den Sie in sich tragen, den ich höher achte, an den ich (Christ) mich lieber wende, als an den unruhigen, nie befriedigten, hartnäckigen, stolzen Staatsmann, der, groß und edel gesinnt für sich, schon darum nicht zu dulden ist, weil er jenen sanfteren beschränkt, oft auch wohl unterdrückt. Die Zeit zerstreut (und das noch außer ihrer übrigen Tücke) alles, was sich noch so fromm und rein an einander schließt: eine Gemeinde kann sich noch immer nicht bilden. Jedes Gespräch, in freiem Aether entsponnen, verweilt eine kleine Zeit bei dem menschlichen, christlichen, aber vom irdischen Elemente gezogen, muß es bald wieder herab. Der Friedensschlüsse und Kriege näherer Erfolg wird von den Selbstpeinigern tausendfältig erwogen und an Rückkehr ist nicht zu denken. So hat sich also kaum eine kleine Gemeinde wieder angesetzt, so erinnert die <83:> Zeit schon, daß es dazu noch nicht Zeit sey. Aber ich fühle es, auch in der Ferne gehen die Gespräche ihren Gang fort; schon aus einigen Ihrer Briefe an B. B. habe ich fromme Züge Ihres Herzens entnommen, die unser Gespräch nicht schöner erzeugen konnte. Sie fühlen es sicher schon, an Christi geheiligter Sache arbeiten Freund und Feind. Der Aberglaube ergreift schon wieder die unterdrückten Völker; Bonapartes Persönlichkeit scheut niemand mehr, aber das Schicksal in ihm. Die Trennung der Besten, so auch die unsrige, mein Freund, vermag nichts als die Liebe zu reinigen, dahin, daß auch wir minder die Persönlichkeit der Freunde lieben, als das allgemeine, das göttliche, das christliche in ihnen. Zusammen geführt werden wir alle wieder; ich zweifle aber, ob früher, als bis die Flamme Gottes und seiner über uns verhängten Zeit allen bloß irdischen Antheil in uns verzehrt hat. Des wahren, dem Göttlichen einverleibten Irdischen in Ihrem außerordentlichen Wesen zu gedenken, ist eine Lieblingsbeschäftigung meiner Seele. Leben Sie wohl. Adam. |
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