Briefwechsel

38.

Ollmütz, den 20. November 1805.

Wir sind nun bis hieher verschlagen, und ob es gleich scheint, daß seit einigen Tagen die Sache sich auf unsere Seite neigt, so glaube ich doch, daß wir noch bis Troppau wandern müssen. Auf jeden Fall gehe <65:> ich – satt und müde – morgen an diesen Ort, wo ich mehrere von den Personen, die mir die liebsten sind, finde, und wo ich gern auf einige Wochen alles Elend und alle Schmach vergesse [sic!] möchte, die uns drücken. Der Kaiser von Rußland ist seit vorgestern hier; seine Truppen schlagen sich vortrefflich, und es scheint sogar, daß sie ihren (sehr weislich angetretenen) Rückzug abbrechen, sich in hiesiger Gegend irgendwo setzen, und das Aeußerste versuchen werden. Die Franzosen haben ein Corps von 5000 Mann unter dem Fürst Bagration mit 20,000 Mann angegriffen; Bonaparte – das erstemal, daß wir hier von ihm hören, seitdem er sich Wien genähert hat – war selbst gegenwärtig. Die Russen machten sich Luft, hieben die Franzosen wie Pilze nieder, tödteten den Marschall Soult, und langten nach einem äußerst glorreichen Kampfe bei ihrer Hauptarmee an. – Eins der größten Leiden ist unser gänzlicher Mangel an Nachrichten aus Wien. Dieser wird nun für mich noch härter durch meine totale Ungewißheit über das Schicksal des kleinen Kraus. Sie haben doch hoffentlich meinen Brief aus Brünn erhalten? Ich wiederhole aufs dringendste meine Bitte, sobald Sie nur irgend eine Möglichkeit dazu absehen, ihn zu benachrichtigen, daß er mich von nun an in Troppau zu suchen hat, und wenn er nicht kommen kann, wenigstens schreiben soll. Letzteres thun doch auch Sie, ich bitte Sie um Gotteswillen, und zwar unverzüglich. Adressiren Sie nur nach Troppau bis auf weitere Ordre. Ich bin so müde, daß die Glieder des Leibes und der Seele von mir fallen möchten. In dieser Stimmung kann und mag ich Ihnen nichts weiter sagen.

Ihre Adresse, damit ich auf geradem Wege schreiben kann. Jetzt erhalten Sie keine Zeile mehr von mir, bevor ich einen Brief von Ihnen sah.

Gentz.