Briefwechsel 34. Wien, Montag den 7. Oktober 1805. Mit großer Freude sehe ich aus Ihrem gestern erhaltenen Briefe, daß Sie sich in Dresden niederlassen. Diese Annäherung ist eine wichtige Begebenheit für mich. Ich schicke Ihnen hier ein Stück vom Moniteur, worin ein Aufsatz von Lamark über Meteorologie, der vielleicht gelesen zu werden verdient. Der Moniteur ist übrigens seit dem 16. August, wo er zum letztenmale lästerte, verstummt. Und dieß Stillschweigen ist der erste Sieg, den das wieder auflebende Europa davon trug. Alles geht vortrefflich. Die Mission von Meerveld hatte schon viel gethan. Die darauf folgende von Haugwitz nach Wien, der gestern Abend wieder abgereist ist, hat den Kaiser bewogen, dem russischen Kaiser und dem Könige von Preußen seinen Beitritt zu der Zusammenkunft anzubieten, die zwischen jenen beiden zu Porzew statt finden sollte. Da dieses Anerbieten gewiß nicht ausgeschlagen werden wird, so haben wir nun zu Krakau eine Zusammenkunft der drei Souveraine zu erwarten, aus der gewiß viel Gutes und Großes hervorgehen wird. Unterdessen arbeite ich immer fort, ob ich gleich seit acht Tagen durch die Schlag auf Schlag eintretenden großen Vorfälle, die Anwesenheit von Haugwitz, die Zurückkunft und bevorstehende Wiederabreise von Meerveld, eine Krankheit Pagets und andere Dinge oft in die Stadt gerufen und unterbrochen worden bin. So eben habe ich einen langen, eigenhändigen und äußerst rührenden Brief von Ludwig XVIII. erhalten. Er hatte mich über ein Projekt, welches sie in Mitau entworfen, und mit Englands und Rußlands Beistand auszuführen meinten, um Rath gefragt. Ich mußte dagegen stimmen. Weil aber dieses Projekt äußerst edle, persönliche Gesinnungen von Seiten des Königs, und die Sehnsucht, sich selbst unbedingt aufzuopfern und großen Gefahren Preis zu geben, enthüllte, so hatte ich unter andern deßhalb, weil ich es nicht billigen kann, daß jetzt noch die Bourbons sich exponiren, ohne des Sieges gewiß zu seyn, dawider protestirt. Auf diesen Einwurf antwortet mir nun der König persönlich, mit großer Zartheit und außerordentlichem Edelmuth. Dieser Brief und drei andere, die er in der letzten Zeit an den Kaiser von Rußland geschrieben, und mir jedesmal mitgetheilt hat, würden, wenn man sie gleich bekannt machen dürfte, gewiß <60:> einen großen Effekt hervorbringen. Noch aber ist zu keiner Bourbonischen Unternehmung Zeit und Stunde. Bonaparte muß erst geschlagen, gebeugt, in die alten Grenzen Frankreichs zurückgeführt, ganz mürbe gemacht werden, ehe das versucht werden kann. Welch Glück, welche Wonne, daß wir von solchen Dingen nun wieder als möglich, vielleicht wenn Preußen will, gewiß als wahrscheinlich, als nahe bevorstehend sprechen dürfen! Aus einem meiner Briefe werden Sie ersehen, daß Kraus mit den englischen Sachen jetzt schon unterwegens ist. Er wird durch Dresden gehen und dort einige Tage bleiben. Suchen Sie seine Ankunft (Baron Buol wird davon unterrichtet seyn) zu erfahren, und schicken Sie mir dann sogleich eine Liste von dem, was ich Ihnen versprochen hatte. Dann werde ich Kraus beordern, es Ihnen gleich in Dresden zu überliefern. Weh Ihnen, wenn Sie jetzt nicht pünktlich erfüllen, was Sie mir in Ihrem letzten Brief versprochen, wenn Sie mir jetzt nicht oft und viel und ohne Unterlaß schreiben! Dresden und Wien sind beinahe wie Eine Stadt zu betrachten. Adieu! Adieu! G. |
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